schreiten viele Jugendliche mit
dem Beginn der Berufsausbil–
dung: Lehrlinge und Studenten
sind im Durchschnitt fast dop–
pelt so trinkfreudig wie Haupt–
schüler, Realschüler und Gym–
nasiasten .
Besonders
nachdenklich
aber stimmt folgendes Untersu–
chungsergebnis : Zwei von drei
Jugendlichen gaben bei der Be–
fragung zu Protokoll, die erste
Bekanntschaft mit dem Alkohol
ihren Eitern zu verdanken.
Damit meinen sie weniger
den heimlichen Griff in den
Hausvorrat, sondern offizielle
Anlässe. Was wäre Omas Ge–
burtstag ohne Eierlikör, was Sil–
vester ohne das Gläschen Sekt,
was ein zünftiger Ausflug ohne
den Zug an Papas Maßkrug?
ln feierlich festlicher Umge–
bung und mit positiven Vorzei–
chen versehen wird der erste
r takt geknüpft. Die teufli–
ne Kehrseite des Alkohols
bleibt den Kindern verborgen .
ln vielen Elternhäusern wer–
den so die Weichen falsch ge–
stellt, und zwar von Anfang an.
Statt als Verführer und Verder–
ber erleben Kinder den Alkohol
als guten Hausfreund, der für
Stimmung sorgt, der Kummer
vertreibt, ein Fest erst festIich
macht und vor allem Ansehen
gibt.
Diese prägenden ersten Ein–
drücke werden landauf, landab
durch die Werbung bestätigt
und verstärkt. Unter den 15jäh–
rigen gilt der Rausch als Hel–
dentat, steigt das Prestige mit
den Promillen . Was für eine
aberwitzige, ans Irrationale
grenzende Umkehrung der
Wahrheit!
Gibt es keinen Ausweg aus
,sem Teufelskreis? Wie bie-
" wir Paroli den Promillen?
Wer die Untersuchungsergeb–
nisse der Jahre 1976 und 1980
miteinander vergleicht, stellt
fest, daß die bedenklichen Be–
funde stetig, wenn auch lang–
sam besser werden. Worauf
läßt sich das zurückführen?
Welchen Kräften haben wir das
zu verdanken?
Auch auf diese Frage gibt die
amtliche Studie Auskunft. Ihr ist
nämlich klar zu entnehmen,
daß sich beim Thema Alkohol
ein Wandel in der Einstellung
und im Verhalten der Eitern
vollzogen hat oder anbahnt.
Es wird heute in den Familien
wieder mehr und konsequenter
erzogen. Laut Studie sprechen
1980 mehr Eitern als 1976 Ver–
bote aus, drohen häufiger Stra–
fen an und vollziehen diese
auch, wenn ein Alkoholverbot
Woher
stammt
derStoH!
Elternhaus
12-14
Jahre
68%
15-17
Jahre
18-20
Jahre
Kneipe, Disco usw.
53%
Supermarkt
Freunde, Bekannte
21%
Die Jugend bezieht den
Alkohol aus verschiede–
nen Quellen. ln der
Altersgruppe von
12 bis 14 Jahren (gelbe
Säulen) dominiert das
Elternhaus. Bei den 15-
bis 17jährigen (rote
Säulen) stehen Disco,
Gasthaus und Kneipe
im Vordergrund. Auch
die 18- bis 20jährigen
(grüne Säulen) bevor–
zugen diese Quellen.
Daneben liefern Freunde
und Bekannte den Stoff.
Häufig werden mehrere
Quellen gleichzeitig
angezapft.
Die Selbstbedienung Im Supermarkt scheint die
bequemste Art zu sein, um an die Flaschenkost zu
kommen. ln Wahrheit benutzt die Jugend andere
Quellen viel häufiger.
übertreten wird.
Der häusliche Alkoholvorrat
steht 1980 nicht mehr so groß–
zügig zur Verfügung wie vier
Jahre vorher. Vor allem bei den
jüngeren Jahrgängen beginnt
man wieder, die Zügel anzu–
ziehen.
Aber auch die 15- bis 17jäh–
rigen geben neuerdings zu Pro–
tokoll, daß sie vermehrt um Er–
laubnis bitten müssen, wenn
sie sich an der Hausbar bedie–
nen wollen.
Kein Zweifel : ln den Fami–
lien erkennt man stärker als
noch vor wenigen Jahren die
notwendige Erziehungsaufgabe
im Problemkreis Alkohol. Und
der Erfolg, der sich schon ab–
zeichnet, gibt den Eitern recht.
Wie Kinder zum Alkohol ste–
hen, das ist nicht nur eine Sa–
che der Verbote und Gebote,
so wichtig diese auch sind. Eine
Schlüsselrolle spielt vor allem
das Verhalten der Eitern, ihr
Vorbild. Wenn sie den Cognac
beim Krimi, den Longdrink bei
Dallas brauchen, auf den
Schnaps während der Sport–
schau nicht verzichten können,
dann untergraben sie die Erzie–
hung ihrer Kinder.
Nur wer selbst Disziplin hält,
kann sie von anderen verlan–
gen . Mit dem guten Beispiel in
den Familien steht und fällt der
Erfolg jeder Erziehung. Alkohol
macht da keine Ausnahme.
Volle Unterstützung beim
Kampf gegen die Suchtgefahr
erhalten die Eitern seit Jahren
von den bayerischen Jugend–
ämtern und Jugendorganisatio–
nen, den Fach- und Wohl–
fahrtsverbänden .. Mit Broschü–
ren, Plaketten, Aufklebern,
Theateraufführungen und Aus–
stellungen mobilisieren sie den
Widerstand gegen die Volks–
droge Alkohol.
Der Einsatz blieb nicht verge–
bens. Schon seit geraumer Zeit
beginnt sich im Bewußtsein der
Öffentlichkeit ein Wandel an–
zubahnen. jugendliche sehen
im Rausch immer weniger et–
was Berauschendes. Wer absti–
nent ist, wird nicht mehr abge–
le'hnt, der Gruppendruck läßt
' also nach . "Wer trinkt, der
sinkt" - diese Einschätzung ge–
winnt heute zunehmend an Bo–
den bei den jungen Leuten .
Aber daß wir trotzdem noch
längst nicht über den Berg sind,
das sollte uns allen klar sein.
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