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„With human beings you never know“

Einsichten und Perspektiven 3 | 16

sind exhumierte Leichen, in Kalk mumifiziert ausgestellt.

Einige zusammengekauert, manche mit abgetrennten

Gliedmaßen, hier die Mutter, ein Kind mit zertrümmer-

tem Schädel umarmend, dort ein junges Mädchen mit

Kette um den eingeschlagenen Kopf oder eines mit Ring

am Finger. Die Besuchergruppe erschaudert, erstarrt, ist

von Fassungslosigkeit und Übelkeit gepeinigt, als wir

von Klassenzimmer zu Klassenzimmer gehen. Der süßli-

che Geruch der Verwesung bleibt uns noch lange in der

Kleidung und später in der Erinnerung haften. Am Ende

verabschieden wir uns von dem Begleiter und fragen ihn,

warum diese Gedenkstätte, die pro Jahr von etwa 4.000

Interessierten besucht wird, am Eingang von bewaffneten

Sicherheitskräften beschützt wird. Seine Antwort nehmen

wir mit als Grundlage unserer Reflexionen und unserer

Versuche, die Geschichte Ruandas (und auch unsere) zu

verstehen:

„With human beings you never know!“

Hutu, Tutsi und Twa – eine junge Geschichte

Die Geschichte Ruandas auf den mörderischen Konflikt

zwischen Hutu und Tutsi zu reduzieren, wird dem Land

nicht gerecht. Die Geschichte des Königreichs Ruanda ist

wesentlich älter, ihr Beginn lässt sich auf den Übergang

vom 14. zum 15. Jahrhundert datieren. Unter rivalisie-

Im Kigali Memorial mahnen nicht nur die Gebeine und Schädel an den Genozid, es wird im ersten Stock der Ausstellung auch an den Holocaust erinnert.