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Einsichten und Perspektiven 4 | 17

und zu einem bedeutenden Eisenbahn-Unternehmer

aufsteigende Jan Bloch (1836-1902) überzeugt. In sei-

nem aufrüttelnden Buch „Der Zukunftskrieg“ prognos-

tizierte Bloch in heller Voraussicht die totale Vernichtung

ganzer Staaten durch die industrialisierte Kriegführung.

Damit gab Bloch den Anstoß zur Haager Friedens-

konferenz 1899, die Nikolaj II. und die niederländi-

sche Königin Wilhelmina einberiefen, um Fragen der

Abrüstung zu erörtern und Grundsätze für die friedli-

che Regelung internationaler Konflikte zu erarbeiten.

2

Doch während die Monarchen und ihre Politiker auf

den Frieden hofften und mit ihren Initiativen die Auf-

merksamkeit der Weltgemeinschaft gewannen, berei-

teten sie ihre Nationen zugleich auf den Kriegsfall vor.

Bedenkenlos gaben sie sich weiter ihren imperialistischen

Ambitionen hin und unternahmen kaum etwas, um das

Hineinschlittern „in den brodelnden Hexenkessel des

Krieges“

3

zu verhindern. Die weltpolitische Situation

2 Manfred Sapper: Den Krieg überwinden. Jan Bloch: Unternehmer, Publi-

zist, Pazifist, in: Osteuropa 58/2008, H. 8-10, S. 303–312.

3 So die griffige Formulierung des britischen Staatsmanns David Lloyd

George (1863-1945). Zit. n. Ian Kershaw: Höllensturz. Europa 1914 bis

1949, München 2016, S. 42.

spitzte sich wegen kolonialer Streitigkeiten nicht nur im

fernen Afrika oder Asien, sondern vor allem auch auf dem

Balkan unmittelbar in Europa selbst zu. Als es 1878 zum

Berliner Kongress kam, um die damalige Balkan-Krise

einvernehmlich beizulegen, konnte Russland viele seiner

Positionen nicht durchbringen und machte dafür den

deutschen Reichskanzler Bismarck verantwortlich. Daran

zerbrach schließlich das Drei-Kaiser-Bündnis. Russland

orientierte sich außenpolitisch um und ging neue Bünd-

nisse mit Frankreich (1894) sowie mit Großbritannien

(1907) ein. Die Spannungen zwischen den Großmächten

gewannen an Schärfe, als Österreich-Ungarn 1909 – von

Deutschland unterstützt – Bosnien und die Herzegowina

annektierte. Die russische Regierung fühlte sich übergan-

gen und machte deutlich, dass sie sich in ihrer Balkanpoli-

tik keineswegs noch einmal brüskieren lassen wollte.

4

Als Serbien, Rumänien, Bulgarien und Griechen-

land während der beiden Balkankriege 1912 und 1913

zunächst gemeinsam militärisch gegen das Osmanische

Reich vorgingen und dann untereinander in Konflikt

4 Dominic Lieven: Towards the Flame. Empire, War and the End of Tsarist

Russia, London 2015, S. 182-224.

Delegierte der Ersten Haager Friedenskonferenz vom 18. Mai bis zum 29. Juli 1899

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Der Russische Revolutionszyklus, 1905-1932 Teil 3