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Israel: Start-ups, Siedler und „smarte Pazifisten“
Einsichten und Perspektiven 3 | 17
ein palästinensischer Mitarbeiter im Interview. Yehuda
Cohen, der israelische Geschäftsführer, der in der Sied-
lung lebt, sagt über seine palästinensischen Angestellten:
„Sie alle wissen, wie kompliziert die Situation ist, aber
hier in der Firma spüren wir keine Spannungen. Wir wis-
sen immer, wie wir miteinander reden und wie wir uns
gegenseitig akzeptieren, respektieren und damit leben.
Ja, wir haben Probleme um uns herum, aber dies ist eine
Insel der Normalität.“
Die Arbeitslosigkeit im Westjordanland ist hoch, und
in der Tat finden nicht wenige Palästinenserinnen und
Palästinenser Arbeit in jüdischen Firmen und sind froh
darüber. Doch dies ist nur die eine Seite. Es gilt auch, die
hässliche Seite der israelischen Besatzung zu zeigen. Ganz
anders als die Siedler aus
dem Westjordanland spricht
beispielsweise Hesh Rabino-
witz, ein Lehrer der Schule
Sha’ar HaNegev
, direkt an der
Grenze zum Gazastreifen bei
der Stadt Sderot. „Anstelle
der Palästinenser würde ich
Israel auch hassen“, sagt der
Mann, der sich politisch als
„weit links“ bezeichnet, was
in Israel einzig und allein auf
die Haltung im Konflikt mit
den Palästinensern abzielt.
„Jeder hasst seinen Besatzer“, schiebt er hinterher. Die
Folgen des Hasses erlebt er direkt. Rabinowitz ist davon
überzeugt, dass die meisten seiner Schüler posttraumati-
sche Belastungsstörungen haben: Immer wieder treffen
Qassam-Raketen aus Gaza die Gegend, auch sein Klas-
senzimmer hat es schon getroffen. Damals hätten sie es
erst gar nicht bemerkt, doch die technische Entwicklung
mache nicht Halt. Gegen die
Hamas
-Raketen von 2017
könnten die Sicherheitsräume, die für jedes Haus in der
Region gesetzlich vorgeschrieben sind und deren Fenster
nicht brechen sollen, keinen Schutz bieten.
„Man kann die Palästinenser nicht auf den Mond schie-
ßen“, sagt er – Rabinowitz ist einer von denen, die noch an
die Zweistaatenlösung in den Grenzen von 1967 glauben.
Im muslimischen Viertel Jerusalems befinden sich auch jüdische Siedlungen, die oftmals anhand der Flaggen zu erkennen sind.
Von Sderot aus ist Gaza fast zum Greifen nahe. Nur wenige Kilometer Luftlinie trennen hier Israel von dem
Hamas-regierten Streifen.