Rolf Nehring vom Bundesverband
der Elternkreise drogengefährdeter
und drogenabhängiger Jugendlicher
Wenn Eltern erfahren, daß ihr Kind
mit Drogen zu tun hat, bricht für sie
meistens eine Welf zusammen; die
Pläne, die sie mit ihrem Sohn oder
ihrer Tachter hatten, sind zerstört, die
eigene Lebensfreude massiv beein–
trächtigt
-
ein vernünftiges und ge–
lassenes Reagieren ist oft kaum mög–
lich. Gerade darauf käme es aber
an. Es ist überaus wichtig, dem Ju–
gendlichen gerade in dieser schwie–
rigen Situation zu zeigen, daß er sich
der Liebe seiner Eltern sicher sein
kann; er soll aber auch wissen, daß
sie seinen Drogenkonsum und den
damit verbundenen Lebensstil konse–
quent ablehnen.
Nötig ist, daß die Eltern nach dem
ersten Schock wieder zu sich kom–
men und in das Familienleben Ruhe
einkehrt. Vor allen Dingen sollte man
aber niemals die Hoffnung verlieren,
denn es gibt Wege aus der Sucht
-
wenngleich sie beschwerlich sind.
Dabei hilft es einem sicherlich, wenn
man mit Menschen spricht, die Ähnli–
ches durchgemacht haben oder
durchmachen. Die Elternkreise dro–
gengefährdeter und drogenabhängi–
ger Jugendlicher, die es in allen grö–
ßeren Städten in der Bundesrepublik
gi~t,
bieten dazu eine gute Möglich–
ketf.
ZUM THEMA DROGEN
-
Gesundheitsämter
-
Psychosoziale Beratungsstellen
bzw. Drogenberatungsstellen
-
Bundesverband der Elternkreise
drogengefährdeter und drogenab–
hängiger Jugendlicher
Postfach 1369
4700 Hamm 1/Westf.
Tel.: 02381/25269
Antje Krüger, Diplompädagogin,
Referentin für Suchtprävention bei
der Aktion Jugendschutz, München
Zur Zeit hört man fast überall besorg–
niserregende Aussagen über den
Drogenmarkt und den Konsum ille–
galer Suchtmittel. Es wird der An–
schein erweckt, als ob der Dealer an
ieder Straßenecke lauere, bereit, den
Jugendlichen zu überfallen und ab–
hängig zu machen. Solche Darstel–
lungen erzeugen Angst und rufen nur
panikartige Reaktionen hervor.
Man sollte wissen, daß selbst bei
einem größeren Angebot an Drogen
die Nachfrage danach nicht automa–
tisch steigen muß. Vor allem ge–
schieht dies dann nicht, wenn unseren
Kindern und Jugendlichen nichts We–
sentliches fehlt. Ich meine damit kei–
ne materiellen Güter, sondern eine
zufriedenstellende Lebenssituation,
die Drogen aller Art überflüssig
macht. Eine solche Situation zeichnet
sich u. a. dadurch aus, daß
-
Kinder das Gefühl entwickeln kön–
nen "Ich bin ich, und ich werde so an–
genommen, wie ich bin, auch wenn
ich manchmal Fehler mache";
-
Kinder eine Vorstellung davon ha–
ben, was sie mit ihrem Leben anfan–
gen können, wie sie es gestalten wol–
len und über welche notwendigen
Fähigkeiten sie dafür verfügen;
-
Kinder einen Freundeskreis haben,
der ihnen die Ablösung vom Eltern–
haus erleichtert;
-
Kinder Menschen kennen, die zu–
hören, die Orientierungshilfen ge–
ben, ohne zu bevormunden, die Liebe
und Anerkennung nicht von Bedin–
gungen abhängig machen;
-
Kinder lernen, Spannungen und
Enttäuschungen auszuhalten, indem
sie genug Zuwendung erfahren, aber
auch nicht überbehütet werden;
-
Kindern gezeigt wird, wie man
Konflikte angehen und lösen kann.
Es geht also vor allem darum, daß
wir Erwachsenen unseren Kindern
dabei helfen, Selbstbewußtsein und
Selbstvertrauen zu entwickeln.
bei natürlich eine große Rolle. Wer
weiß, daß Drogenkonsum in der letz–
ten Konsequenz zur Selbstzerstörung
führt, daß nicht nur die sogenannten
harten Drogen, wie z. B. Heroin, ge–
fährlich sind, daß überall dort, wo
man sich Problemen nicht stellt, son–
dern davor in eine Scheinwelt flüch–
tet, der Ansatz zur Sucht liegen kann,
der wird der Versuchung sicher eher
widerstehen. ·Drogenberatungsstel–
len, Polizei, Jugendverbände und die
Krankenkassen leisten bezüglich der
Aufklärung wertvolle Dienste.
Gefordert ist hier aber ganz be–
sonders die Schule. Das Thema
"Rauschmittel" findet sich daher in
den Lehrplänen aller Schularten. So
nennt- um nur ein Beispiel anzufüh–
ren - der Lehrplan für den Biologie–
unterricht an Hauptschulen in der
Jahrgangsstufe 9 als Lernziel "Um
die Gefährdung durch Drogen wis–
sen". Seit 1979 gibt es an den bayeri–
schen Schulen auch die Einrichtung
des Drogenkontaktlehrers, der ein
wichtiger Ansprechpartner in Sachen
Drogen für Schüler, Eltern und Leh–
rerkollegen ist.
Prävention, d. h. Vorsorge, darf
aber nicht nur bedeuten, daß sich un–
sere Kinder und Jugendlichen das
W issen um die Gefahren und letzten
Konsequenzen des Drogenkonsums
aneignen - auf Dauer wäre dies si–
cher nicht wirkungsvoll genug. Da
die Ursachen für den Drogenkonsum
sehr vielschichtig und nicht zuletzt in
der gesamten Lebenssituation des Ju–
gendlichen zu suchen sind - wobei
Belastungen, etwa Konflikte im El–
ternhaus, in der Schule oder am Ar–
beitsplatz, nicht vermieden werden
können -, kommt es auf die Erzie–
hung an. Sie muß darauf ausgerichtet
sein, Kinder daran zu gewöhnen, vor
Problemen nicht auszuweichen oder
zu resignieren, sondern sie offen aus–
zusprechen, sich mit ihnen auseinan–
derzusetzen, überhaupt Kompromis–
se zu schließen, notfalls auch eine
Niederlage einzustecken.
Wer von klein auf gelernt hat, mit
Lebenssituationen so umzugehen,
wird am ehesten davon abgehalten,
sich bei Schwierigkeiten in die Welt
der Drogen zu flüchten. Eine so ver–
standene Drogenprävention ist daher
ein ständiger Appell an alle Erzieher,
vor allem aber an die Eltern, nicht
der eigenen Bequemlichkeit zu erlie–
gen, sondern die täglichen Mühen
der Erziehungsarbeit auf sich zu neh–
men und den Heranwachsenden auf
dem Weg zu einer eigenständigen
und selbstbewußten Persönlichkeit zu
helfen.
SCHULE
aktuell
7