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Wie hat bislang Ihr Schulalltag aus–

gesehen? Was hat es bedeutet, in

der DDR Lehrer zu sein?

Zunächst hatten wir natürlich die

staatlich verordneten Lehrpläne zu

erfüllen und unsere Schüler auf die

Abschlußprüfungen- die schriftlichen

Aufgaben werden wie bei Ihnen zen-

. tral gestellt - vorzubereiten. Kontrol–

liert wurden wir von den sogenann–

ten Fachberatern; sie überprüften bei

Unterrichtsbesuchen, ob der einzelne

Lehrer sich an den Lehrplan hielt.

Von den Berichten der Fachberater an

den Direktor hing unter anderem

.die Chance ab, befördert zu werden.

Wenn unsere Leistungen im Unter–

richt das einzige Kriterium für die Be–

urteilung gewesen wären, hätten wir

Lehrer an dieser Praxis keinen An–

stoß genommen. Es war aber ein of–

fenes Geheimnis, daß die SED auch

in diesem Bereich das Sagen hatte.

Wer der SED nicht angehörte und

auch in keiner der von ihr kontrollier-

ten Blockparteien war, hatte nur ge–

ringe Chancen vorwärtszukommen.

Konnten Sie im Unterricht eigentlich

·Schwerpunkte setzen? Gab es eine

Möglichkeit, auch Ihre persönliche

Meinung einzubringen?

Wir hätten auch unter dem "alten"

System nicht als Lehrer arbeiten kön–

nen, wenn wir nur als "Erfüllungsge–

hilfen " des Apparates aufgetreten

wären. Wenn nämlich Schüler spü–

ren, daß der Lehrer nur vorgefertigte

Meinungeil zum besten gibt, kommt

kein Unterrichtsgespräch zustande.

Das ist überall so. Wir Lehrer hatten

durchaus die Möglichkeit, gewisse

Schwerpunkte zu setzen und, in aller

gebotenen Vorsicht, eine persönliche

Meinung einfließen zu lassen. Frei–

lich habe ich das System - auch für

mich selbst - nicht grundsätzlich in

Frage gestellt, statt dessen vieles von

den Mißlichkeiten in der DDR auf

menschliche Schwächen zurückge–

führt. Ohne diesen Schutzschild, den

war 22 Jahre lang

Lehrer an verschie–

denen Polytechni–

schen Oberschulen.

März 1990 ist er

,ur.:•~~''•"'

der Erwei-

Oberschule in

sich viele zugelegt haben, hätte ich in

der Schule nicht weiterarbeiten kön–

nen -und ich war und bin sehr gerne

Lehrerin.

Ich kann das nur bestätigen. Von

Zweifeln wurden bestimmt die mei–

sten von uns geplagt. Aber es war

nicht leicht, sich eine eigene sachlich

fundierte Meinung zu bilden - wir

waren ja über Jahrzehnte von vielen

Informationen abgeschnitten .

Wie groß war überhaupt der Einfluß

der SED auf die Schule?

Die Lehrpläne, die Lehrbücher, die

Bildungs- und Erziehungsziele, oll

dies war natürlich von der SED ge–

prägt. Und man erwartete vom Leh–

rer, daß er die Parteiideologie in den

Unterricht trägt. Der Eintritt in die

SED wurde von uns POS-Lehrern

aber nicht gefordert. Dennoch waren

viele Kollegen in der Partei . Wer al–

lerdings Lehrer an der EOS werden

wollte, mußte in aller Regel Mitglied

der SED sein. Frau Heilige und ich

SCHULE

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