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ür 32 Buben und Mäd–
chen der Hauptschule
an der Maximilianstra–
ße in lngolstadt war die Ab–
schlußfeier im Juli dieses
Jahres sicher etwas Beson–
deres. Sie gehörten nämlich
zum ersten Jahrgang, der
eine Freiwillige 10. Klasse
absolvierte. Insgesamt 183
Schülerinnen und Schüler in
ganz Bayern haben sich an
diesem Schulversuch betei–
ligt, der begabten Haupt–
schulabsolventen die Mög–
lichkeit bietet, in einem zu- .
satzliehen Jahr den mittle–
ren Schulabschluß zu er–
werben .
Einfach war dieses Un–
terfangen allerdings nicht,
wie Klassenleiter Norbert
Pflock rückblickend feststellt.
Nach der ersten Deutsch–
schulaufgabe, bei der
eini:
ge Schüler schlecht abge–
schnitten hatten, mußte er
erst einmal psychologische
Aufbauarbeit leisten. "Man–
che waren völlig verunsi–
chert, an Unterricht war gar
nicht mehr zu denken." Rek–
tor Wilfried Auer kann die–
se Reaktion gut verstehen:
"Es kommen in die Freiwilli–
ge 10. Klasse ja nur Schüler
mit · guten und besten No-
sen in Englisch und Deutsch
kein allzu großes Problem,
und auch die schwierigen
trigonometrischen Mathe–
matikaufgaben stellten kei–
ne unüberwindliche Hürde
mehr dar.
Von den großen Anstren–
gungen der letzten Wochen
ist bei den Schülern am Tag
der Abschlußfeier allerdings
nichts mehr zu spüren. Sie
DIE FREIWILLIGE
10. KLASSE
ERMÖGLICHT
BEGABTEN HAUPT·
SCHÜL.RN-DEN
Gescha
I
•
ten . Für die bricht eine Welt
zusammen, wenn sie die Er–
fahrung machen, daß eine
Arbeit auch mal daneben–
gehen kann ."
Dennoch wurde, nach
den ersten Rückschlägen,
das Schuljahr von den hoch–
motivierten Schülern schließ:
lieh bravourös bewiiltigt.
Für die Abschlußprüfungen
Ende Juni legten sie sich
noch einmal mächtig ins
Zeug. So waren dann die
anspruchsvollen Textanaly-
haben ihre Entscheidung
nicht bereut. Die 16jährige
Martina
zum
Beispiel
glaubt, daß sie mit der hun
erworbenen 'mittleren Reife'
mehr Chancen hat, eine
Lehrstelle als Hotelfachfrau
zu finden. Und auch ihr
Klassenkamerad Samir weiß
nur Positives zu berichten.
Für ihn ist das Zeugnis über
den
mittleren
Schulab–
schluß, das er stolz in den
Händen hält, die Eintrittskar–
te für die Fachoberschule.
MmLEREN SCHUL–
ABSCHLUSS. NACH
DEM EINJAHRIGEN
PROBELAUF
GIBT ES ERSTE
ERGEBNISSE.
Rektor Wilfried Auer be–
grüßt es nachdrücklich, daß
der Schulversuch von Kultus–
minister Hans Zehetmair
mittlerweile erheblich aus–
geweitet wurde. Seit Beginn
des laufenden Schuljahres
gibt es nun an 48 Haupt–
schulen in Bayern das An–
gebot der Freiwilligen 10.
Klasse, das, wie die neua–
sten Zahlen belegen, sehr
gut angenommen worden ist.
Und auch Dr. Göldner,
zuständiger Referent für die
Hauptschulen im boyari–
schen Kultusministerium, äu–
ßert sich zufrieden über das
Ergebnis des einjährigen
Probelaufs: "Von den 183
Buben und Mädchen des
ersten Jahrganges waren
immerhin 178 erfolgreich.
Betrachtet man die strengen
Aufnahmebedingungen und
das hohe Anforderungsni–
veau der Prüfungsaufgaben,
so erkennt man schnell, daß
die Hauptschüler in der Frei–
willigen 10. Klasse den mitt–
leren Schulabschluß nicht
geschenkt bekommen."
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SCHULE
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