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Seltsam: Viele, die sonst in
unserem Land lauthals und oft
mit Recht Ausländerhaß, Dis–
kriminierung oder Apartheid
kritisieren, bleiben hier stumm.
Sie blicken beiseite, wenn mit–
ten in unserem freiheitlichen
Rechtsstaat Hunderttausende
junger · Männer nur deshalb
scheel angesehen und zu Chri–
sten zweiter Klasse gestempelt
werden, weil sie einen klaren
Auftrag des Grundgesetzes er–
füllen.
Kein Wunder, daß in diesem
Klima immer mehr junge Leute
Sinn und Zweck der Bundes–
wehr anzweifeln. Das bewei–
sen repräsentative Befragungen
der 14- bis 18jährigen in der
Bundesrepublik durch das SI–
NUS-Institut München. Wäh–
rend Vor sieben Jahren erst 24%
von ihnen den " Bund" für nicht
so wichtig, überflüssig oder gar
schädlich hielten, hat sich die–
se Rate jetzt auf 41 % nahezu
verdoppelt (Grafik r. unten).
Da fragt man sich besorgt:
Was mag in jungen Köpfen vor–
gehen, die so denken? Haben
sie noch nie auf einer Weltkarte
studiert, wo unser Vaterland ei–
gentlich liegt? Ist ihnen nicht
bewußt, daß wir Wand an
Wand mit einem System leben,
das schon viele Völker die Frei–
heit gekostet hat?
Es ist leider eine Tatsache:
Trotz jüngster milderer Töne
aus dem Osten herrscht im
kommunistischen
Machtbe–
reich nach wie vor Unterdrük–
kung. Das ist in Äthiopien und
Afghanistan nicht anders als in
Polen. Die Mißachtung der
Menschenrechte gehört auch
im anderen Teil Deutschlands
zum Alltag, in Thüringen, Pom–
mern, Sachsen und Branden–
burg.
Um sich vor einem ähnli–
chen Schicksal zu schützen,
haben die Völker im Westen
ein Verteidigungsbündnis ge–
schlossen. Seit 1955 leisten
auch wir einen wichtigen Bei–
trag dazu. Gemeinsam mit den
NATO-Verbündeten sichert un–
sere Bundeswehr Freiheit und
Frieden, öffnet Spielräume für
Verhandlungen ohne erpresse–
rischen Druck.
Wie kommt es dann, daß so
viele junge Leute Sinn und
Zweck der Bundeswehr in Fra–
ge stellen oder gar bestreiten?
Trotz täglich vieler Stunden vor
dem Bildsch irm sind sie offen–
bar nicht ausreichend infor–
miert. Dieses Defizit ist um so
auffälliger, als die Jugend im
Ostblock mit Nachdruck auf
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Armee und Militärdienst ausge–
richtet
wi rd.
Die " DDR" beginnt damit
schon im Kindergarten und bei
den Abc-Schützen. Für die 9.
-und 10. Jahrgangsstufe gibt es
dort das mehrstündige Fach
"Wehrkunde".
Mathematik–
und Physikbücher stellen den
Schülern militärische Aufga–
ben . Da geht es zum Beispiel
um die Entfernung feindlicher
MG-Nester oder den Spreng–
satz von Torpedos der Volks–
marine.
Geschwindigkeiten
werden am Beispiel von Auf–
klärungsflugzeugen und Pan–
zerkolonnen ermittelt. 16jähri–
ge beschäftigen sich mit den
ballistischen Kurven der "122-
mm-Haubitze 38".
Während das Militär in der
Bildungslandschaft der " DDR"
eine große Rolle spielt, stellt
die politische Bildung an unse–
ren Schulen gemäß Art. 131
Abs. 3 der Bayerischen Verfas–
sung darauf ab, die Schüler
) m
Sinne der Völkerversöhnung zu
erziehen ". ln Artikel 2 Abs. 1
des Gesetzes über das Erzie–
hungs- und Unterrichtswesen
werden als herausragende Auf–
gaben der Schulen u. a. ge–
nannt
- die Schüler zu verantwortli–
chem Gebrauch der Freiheit,
zu Toleranz, friedlicher Gesin–
nung und Achtung vor anderen
Menschen zu erziehen;
- den Gedanken an die Einheit
der Nation wachzuhalten ;
- die Bereitschaft zum Einsatz
für den freiheitlich-demokrati–
schen und sozialen Rechtsstaat
und zu seiner Verteidigung
nach innen und außen zu för–
dern.
Diese vom Gesetzgeber vor–
gegebenen Aufgaben und Ziele
sind in den Lehrplänen und
Richtlinien für den Unterricht
über "Sicherheitspolitik" kon–
kretisiert. Die Behandlung si–
cherheitspol itischer Fragen an
unseren Schulen basiert auf der
Erziehung zum Frieden . Frie–
den aber ist untrennbar mit
Freiheit verbunden. Freiheit ge–
deiht wiederum nur durch die
Sicherheit, in der sich die Ord–
nung des Zusammenlebens auf
die freie Entscheidung der Bür–
ger und das Recht gründet. Eine
auf Erhaltung von Frieden, Frei–
heit und Sicherheit gerichtete
Politik und der Erfolg von Be–
mühungen um Entspannung
hängen von der Verteidigungs–
bereitschaft ab.
Die Bundeswehr ist Teil un-
19ao
serer demokratischen Ord–
nung. Sie leistet als Verteidi–
gungsstreitmacht einen wesent-
Weiter
;~ut
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Auf Talfahrt:
1980 hielten
76 Prozent
der jungen
Männer
die Bundes–
wehr für
wichtig;
1986 waren
es nur noch
59 Prozent.
Immermehr
sagen: Sie
ist unwichtig,
überflüssig
odersogar
schädlich.