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mmer wenn sich der Volks–
mund vom Amtsdeutsch
überfordert fühlt, greift er zu
iner List. ln erlaubter Not-
- wehr nagt er dann so lange an
den behördlichen Zungenbre–
chern herum, bis sie auch dem
einfachen Mann ohne Schluck–
beschwerden eingehen.
So wurde das geschraubte
Absolutorium zum "Abs" oder
"Abi" begradigt, und aus 'dem
ungefügen Extemporale wurde
die geländegängige "Ex". Nach
seiner Abmagerung zum "Azu–
bi" war sogar der geschwollene
Auszubildende einbürgerungs–
fähig. Nicht anders ging es dem
qualifizierenden Hauptschul–
abschluß. Ohne die Mutation
zum griffigen "Quali" wäre er
wohl kaum so schnell populär
geworden.
Seit Sommer 1987 hat dieser
"Quali" nun einen Bruder be–
kommen, den "Quabi". Das
neue Kürzel steht für qualifi–
zierter beruflicher Bildungsab–
schluß, so der amtliche Titel..
Leider kennt man diese bayeri–
sche Einrichtung noch viel zu
wenig. Aber wenn nicht alles
täuscht, wird sie bald einen Sie–
geszug antreten und genauso
volkstümlich werden wie der
"Quali".
Auch der "Quabi" ist näm–
lich ein Gütezeichen. Verlie–
hen wird er an junge Leute, die
ihre berufliche Ausbildung
überdurchschnittlich gut ab–
schließen . Das Prädikat gibt es
unter folgenden Bedingungen :
e
Lehrlinge mit einfachem
Hauptschulabschluß müssen
im Zeugnis der Berufsschule
und in der Prüfung vor der
Kammer jeweils den Noten–
durchschnitt 2,5 erreichen .
e
Lehrlinge, die von der
Hauptschule den "Quali" mit–
bringen, brauchen die Durch–
schnittsnote 2,5 nur in der
Kammerprüfung. An der Be–
rufsschule genügt für sie der er–
folgreiche Besuch .
e
Wer nach dem Hauptschul–
abschluß in eine Berufsfach–
schule eintritt, muß diese Aus–
bildung mit einem Schnitt von
mindestens 2,5 beenden .
Der qualifizierte berufliche
Bildungsabschluß ist ein neuer
Sesam-öffne-dich für viele ge–
hobene Berufe und Ausbil–
dungsgänge, zu denen bisher
mittlere Reife vorausgesetzt
war. So werden mit dem "Qua–
bi" ehemalige Hauptschüler
nun auch zur Beamtenausbil–
dung im mittleren Dienst zuge–
lassen . Sie erschließen sich da–
mit weitgefächerte Berufsfelder
und Aufstiegschancen bei den
verschiedensten
öffentlichen
Einrichtungen: an Landratsäm–
tern, Gerichten, Gesundheits–
behörden und Bibliotheken, in
Fürsorgestellen oder bei der Po–
lizei.
Auch die vorher verschlosse–
nen Tore zu zahlreichen baye–
rischen Berufsfachschulen öff–
nen sich mit dem neuen "Qua–
bi". Es sind die Schulen, wo
man Assistenzberufe in der Me–
dizin, Technik oder Wirtschaft
lernt. Sie dauern meist zwei
Jahre und führen zu begehrten
Berufen in Labors, Apotheken
und Diätküchen. Auch an EDV–
Anlagen, in der Textil- und Be–
kleidungsbranche sowie in der
chemischen Industrie arbeiten
Assistenten .
Nicht zuletzt ist der "Quabi"
eine Starthilfe für solche jungen
Leute, die ihr berufliches Ziel
besonders hoch gesteckt ha–
ben. Das neue Gütesiegel gibt
ihnen nämlich grünes Licht in
Richtung Hochschule und Uni–
versität. Auch wer weder eine
Realschule absolviert noch das
Abitur an einem Gymnasium
erwirbt, kann mit dem neuen
"Quabi" auf der Bildungsleiter
bis zu den obersten Etagen em–
porsteigen und zum Beispiel
Diplom-Ingenieur, Arzt, Apo–
theker usw. werden.
Die erste Station dorthin
heißt Berufsaufbauschule, ab–
gekürzt BAS. Sie führt in nur
einem Jahr zur Fachschulreife.
Wie das Schaubild S. 4 zeigt,
gabeln sich dann die Wege in
die Richtungen Fachakademie,
Fachhochschule und Universi–
tät- je nach Berufsziel._
Von entscheidender Bedeu–
tung für die weitere Karriere
nach dem "Quabi" ist somit die
BAS. Stand bis zu dieser Stufe
die berufliche Ausbildung der
jungen Leute im Vordergrund,
so - verschiebt sich hier das
Schwergewicht auf die Allge–
meinbildung. Der Lehrplan der
BAS zeigt das deutlich: Von
ihren 36 Wochenstunden ent–
fallen allein 27 auf die Fächer
Deutsch, Englisch und Mathe–
matik. Das hat seinen guten
Grund: Nur wer Formeln und
Vokabeln beherrscht, sich
mündlich und schriftlich auszu–
drücken weiß, ist gut gerüstet
für den weiteren Aufstieg.
Durch das spezielle Schwer–
punkt-Programm gewährleistet
also die BAS, daß ihre Absol–
venten später auch Schritt hal–
ten können mit der Konkurrenz
aus Realschule und Gymna–
sium.
Vergegenwärtigen wir uns an
einigen Fallgeschichten, wie
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