enn sich der kleine
Stephan in der Frühe
auf den Schulweg
macht, hat er einen
unsichtbaren Begleiter: die
Gedanken, manchmal auch
die Sorgen seiner Eltern. Sie
folgen ihm nach und machen
auch vor der Tür des Klassen–
zimmers nicht halt. "Hoffent–
lich wird die Probearbeit
nicht zu schwer!" "Ob der
erkrankte Sportlehrer bald
wieder unterrichten kann?"
"Es ist schade, daß ein paar
Raufbolde das Klassenklima
verderben."
Wenn Eltern Anteil neh–
men an der Schule, die ihr
Kind besucht, ist das die na–
türlichste Sache der Welt: Sie
lieben ihr Kind. Sie sorgen
für ihr Kind, für seine körper–
liche, geistige und seelische
Entwicklung. Stets und über–
all möchten sie nur sein Be–
stes. Sie fühlen sich verant–
wortlich, und zwar um so
mehr, je jünger das Kind ist
und je weniger es selbst in
der Lage ist, das Nützliche,
Gute und Richtige für sich zu
erkennen und durchzusetzen
in der Welt.
Eltern sind die geborenen
Interessenwahrer der Kinder.
So wenig es ihnen gleichgül–
tig ist, mit wem ihr Kind sei–
ne Freizeit verbringt, welcher
Jugendgruppe es angehört,
welche Filme es ansieht,
ebenso selbstverständlich in–
teressiert sie alles, was mit
dem Schulbesuch zusammen-
. hängt.
Welche Erziehungs- und
Bildungsziele verfolgt die
Schule? Welche Lehrkräfte un–
terrichten in der Klasse und
welchen Einfluß üben sie aus?
Gehen sie auch auf Schüler–
probleme ein? Kommen sie
bei den Schülern gut an, ler–
nen die Kinder etwas bei ih–
nen? Herrscht ein guter Geist
in der Klasse, oder geben Stö–
renfriede den Ton an? Ist der
Schulweg der Kinder gesi–
chert? Wie gut stimmt der
Fahrplan des Schulbusses mit
den Unterrichtszeiten zusam–
men? Ist das Ziel des Wan–
dertages sinnvoll gewählt?
Warum beginnt der Unter–
richt morgens erst um 8.15
Uhr? Wie begründet der Leh–
.rer die letzte Aufsatznote?
Welche Auswirkungen hat sie
auf das Zeugnis? Hat das Kind
Kontakt zu seinen Klassen–
kameraden? Wird es etwa
von einzelnen Rowdies drang–
saliert? Wo sitzt das Kind im
Klassenzimmer? Kann es un–
gehindert zur Tafel sehen?
Ist die Beleuchtung hell ge–
nug?
Fragen über Fragen, dje
allesamt zeigen, wie vielfältig
das Interesse der Eltern an
der Schule ist und wie weit
es in diesen Amtsbezirk ein–
dringt, eindringen muß. Da–
bei stehen sie nicht allein.
Sie haben starke Helfer und
Fürsprecher, vor allem den
Elternbeirat. Er ist ein Teil der
Schule, gesetzlich verankert
wie diese und darum nicht
minder rechtens und amtlich
als die Schulleitung, die Leh–
rer, als Stoff- und Stunden–
pläne.
Lieblingsfremdwort
"Interesse"
Im Volksschulgesetz und in
der Allgemeinen Schulord–
nung sind dem Elternbeirat
zwei Hauptaufgaben gestellt.
Zuerst soll er "das Vertrau–
ensverhältnis zwischen den
Erziehungsberechtigten und
den Lehrern vertiefen". Dar–
über hat S&W in seinem
Heft 1/78 schon ausführlich
berichtet. Die zweite gesetz–
liche Verpflichtung des El–
ternbeirats lautet: "das In–
teresse und die Verantwor–
tung der Erziehungsberech–
tigten für die Erziehung und
Bildung der Schüler zu wah–
ren und zu pflegen".
"Interesse" - das ist ein
beliebtesWort. Wir begegnen
ihm auf Schritt und Tritt. Leu–
te, die es genau wissen woll–
ten, haben ausgerechnet, daß
kein anderes Fremdwort von
den Deutschen so oft im
Munde geführt wird wie "das
Interesse". Kaum zu glauben:
Das Wort ist sogar beliebter
als so alltägliche Begriffe wie
"Arbeit" oder "Recht".
Erfunden haben das Inter–
esse die alten Römer. Sie
meinten damit soviel wie
Entschädigung oder Zinsen.
Später weitete sich der Wort–
inhalt, und heute bedeutet er
· alles, was jemandem nützt,
woraus er Gewinn zieht, Vor–
teil zu haben glaubt. Man
kann ein Interesse daran ha–
ben, daß das Auto funktio–
niert oder daß der Urlaub er–
holsam wird. Das Interesse
richtet sich nicht nur auf ma–
terielle Güter, sondern zum
Beispiel auch auf die körper–
liche Gesundheit. Interesse
kann man auch an geistigen
Werten haben wie etwa der
religiösen Erziehung der Kin–
der oder dem guten Ruf und
Leumund.
Jedermann versucht, seine
Interessen zu wahren und
andere zu bewegen, sie eben–
falls zu respektieren. Das ist
nichts Schlechtes, sondern in
einer freien Gesellschaft ge–
radezu die zentrale Spielregel
für das Zusammenleben. Alle
Menschen erbringen schließ–
lich tagaus, tagein für andere
bestimmte Leistungen. Sie ar–
beiten, dienen - für wen?
"Das Interesse der Erziehungsberechtigten wahren"
das soll
20