Table of Contents Table of Contents
Previous Page  16 / 24 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 16 / 24 Next Page
Page Background

...da

spürst

du die

Freiheit...

Werbetrommeln

verkünden ihn,

38 Hersteller

verkaufen ihn:

den großen

Freizeitspaß,

den Jugend–

traum von

Selbstbewußt–

sein und

romantischer

Unabhängig–

keit, vom

Fahrgenuß in

freier Wildbahn,

vom souverän

beherrschten

Kraftpaket

-

den Traum vom

Motorrad. Wie

jeder Rausch

hat leider auch

deraufden

Zweirad-Rake–

ten Folgen. Der

Freizeitspaß

fordert seinen

Tribut. Doch

darüber steht

kein Wort in der

Betriebs–

anleitung.

16

N

och nie war es so leicht

wie heute, der verstaub–

ten Umwelt schon in jun–

gen Jahren Erfolg und Unab–

hängigkeit zu demonstrieren :

Hauptschüler auf Mofas, Lehr–

linge in Limousinen oder

Gymnasiasten hoch zu PS

sind keine Seltenheit mehr.

Besonders zur abendlichen

Siesta-Stunde erfüllen immer

mehr stolze Benzintank-Ritter

die Welt mit lautstarken Hin–

weisen auf ihre Anwesenheit.

Ausbildungsvergütungen für

Lehrlinge von mehreren hun–

dert Mark monatlich machen

es möglich. Auch großzügige

Taschengeldraten und beacht...

liehe Zubußen aus Onkel–

oder Omabörsen gestatten

heute jungen Leuten, die zu

Hause kostenlos wohnen und

essen, viel Geld in die frühe

Motorisierung zu stecken.

Gewiß ist es weniger An–

geberei als legitimer Spaß,

verständliche Freude am Fah–

ren und eine keineswegs ver–

werfliche Orientierung an

den Leitbildern der Erwach–

senenwelt, wenn viele junge

Leute ihre Ungebundenheit

und den schon vor der ersten

Rasur erreichten Sozialstatus

durch ein muskelunabhängi–

ges Fortbewegungsmittel be–

weisen wollen . Von der Lärm–

belästigung abgesehen - war–

um sollte sich unsere Indu–

striegesellschaft nicht mit die–

ser Erscheinung abfinden? Hat

sie nicht schon vor Jahrzehn–

ten die Motorstärke zum Sta–

tus-Symbol Nummer eins auf–

gewertet?

Kein

Wunder,

wenn auch 14- bis 24jährige

im Kraftfahrzeug eine Mög–

lichkeit sehen, sich wirkungs–

voll in Szene zu setzen.

Dazu kommt: Im Kraftfahr–

zeug und vor allem auf den

modernen Zweirad-Raketen

finden junge Leute heute ein

in der Massengesellschaft rar

gewordenes Erlebnis, nämlich

Abenteuer und Aufregung.

Und welche Jugend hätte je

dieser Versuchung widerstan–

den? Viele junge Leute sehen

im eigenen Kraftfahrzeug

auch eine ebenso einfache

wie sichere Methode, Frei–

heit zu verwirklichen: näm–

lich durch die beschleunigte

Fortbewegung von den orts–

gebundenen Kontroll- und

Erziehungsinstanzen wie El–

tern, Nachbarn, Berufsausbil–

dern und Lehrem.

Nur zum kleinsten Teil

dürfte das eigene Fahrzeug

für die Jugend die Rolle ei–

nes notwendigen Transport–

mittels spielen, etwa auf dem

Weg zur Arbeitsstelle oder

zur Schule. Der ADAC fand

heraus, daß viele Jugendliche

ohne eigentliches Ziel " pri–

mär um des Fahrerlebnisses

Willen" losbrausen, das heißt

nur aus Spaß an der Freud'.

Natürlich sind auch Impo–

niergehabe und pubertäre

Brautwerbung im Spiel. Aber

werden Balztänze dadurch

kritikwürdig, daß sie der be–

eindruckten

Weiblichkeit

heute auf Motorrädern vor–

geführt werden?

Keineswegs ist es Neid auf

frühe Selbständigkeit, auf

fahrenden Machtgenuß und

eine Jugendfreiheit, die man

selbst einst entbehren mußte,

wenn immer mehr Eltern er–

schrocken reagieren, sobald

der Nachwuchs anfängt, die

Rede auf den jetzt "eigent–

lich " und schon längst "fä lli–

gen" Feuerstuhl zu bringen.

Gewiß ist es auch nicht die

Erwartung von Ruhestörungen

oder benzindampfschwange–

rer Krachmacherei. Was El–

tern vor den Motorisierungs–

gelüsten zögern, ja oft auch

Weiter auf Seite 18