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Schule & wir
2 | 2017
veröffentlicht hatte, verbreiteten sich wie ein Lauffeuer. Das
lag daran, dass er modernste mediale Mittel nutzte. Luther
wurde zum ersten Bestsellerautor in deutscher Sprache. Seine
Schriften wurden auch unerlaubt nachgedruckt, seine Lieder
nachgesungen, Netzwerke von Gelehrten diskutierten seine
Texte. Binnen weniger Monate war seine Lehre vom Evangelium
in der Welt – und ließ sich wegen der medialen Verbreitung auch
nicht mehr unterkriegen“, erklärt Dr. Richard Loibl, Direktor
des Hauses der Bayerischen Geschichte. Eine wichtige Grund-
lage dafür war eine Erfindung Johannes Gutenbergs. Sie hatte es
bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ermöglicht, mit
beweglichen Metall-Lettern zu drucken. So konnten Druck-Erzeug-
nisse schnell und relativ preiswert hergestellt werden. Davon zeugen
etwa die vielen Flugblätter und Schmähschriften, die in der Ausstellung
besichtigt werden können. Auch eine damals in Coburg gedruckte reforma-
torische Zeitung von Cyriacus Schnauß veranschaulicht die große Bedeutung
der Medien.
Leben auf dem Land
Neue Ideen fassen in den Städten dank der Medienrevolution schnell Fuß. Allerdings
lebt die übergroße Mehrheit damals auf dem Land. Hier ist das Leben oftmals schwer
und die Menschen sind auf die Erträge des Bodens angewiesen. Naturkatastrophen
und Missernten erschwerten ihr Leben zusätzlich. Die wirtschaftliche Not trieb die
unteren Schichten, vor allem Bauern, dazu, sich gegen die Privilegien des Adels und
des Klerus aufzulehnen.
Dr. Richard Loibl erläutert: „Der Großteil der Landbevölkerung stand in persönlicher
Abhängigkeit von adeligen, kirchlichen oder auch stadtbürgerlichen Grundherren.
Nicht selten waren Bauern gleichzeitig mehreren Herrschaften verpflichtet. Zusätzli-
che Forderungen nach Arbeitsdiensten oder Abgaben, Aufenthalts- und Ehebeschrän-
kungen wurden zunehmend als drückend empfunden. So war die Möglichkeit
TITEL
Symbol für die „neue Zeit“: Der Erdglobus des Astronomen, Instrumentenbauers und
Kartographen Caspar Volpelius zeigt, dass sich die Gelehrten Gedanken über die
Beschaffenheit der Welt und des Universums machten
Von Ende April bis Anfang
Oktober 1530 bewohnte
Martin Luther zwei Zimmer
auf der Veste Coburg und
verfolgte von hier aus das
Reichstagsgeschehen in
Augsburg. Seine im Ganzen
recht komfortable Unter-
kunft im ersten Stock der
sogenannten „Steinernen
Kemenate“ war Wohn- und
Arbeitsstätte
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Fotos: Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_d022264_01, Foto: Wolfgang F. Meier, Kunstsammlungen der Veste Coburg) (Lutherzimmer) | ©ottokalman (istockphoto.com) | ©M Studio (Shutterstock.com)