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Verbotene

Küsse?

Der Fall:

Lisa, 14, und

Michael, 16, sind verliebt.

Michael, der die Nachbar–

schule besucht, begleitet

seine Freundin oft zu ihrer

Schule und holt sie von

dort wieder ab. Sie finden

es ganz selbstverständlich,

sich mit einem Kuß zu be–

grüßen und zu verabschie–

den. Dem Direktor mißfal–

len solche Zärtlichkeiten. Er

verbietet Lisa das Rendez–

vous vor der Schule. Lisa

spricht offen mit ihrem Va–

ter. Der beschwert sich beim

Schulleiter. "Das Liebesver–

bot" - sagt er - "ist ein un–

zulässiger Eingriff in die In–

timsphäre meiner Tochter!'

Das Recht:

Lisas Vater hat

recht. Die Freundschaft zwi–

schen lisa und Michael und

ihre zärtliche Begrüßung

gehen die Schule nichts an.

Sie gehört zum außerschu–

lischen Bereich, für den in

erster inie die Eltern zu–

ständig sind. Ein Recht der

Schule zur Einwirkung auf

den außerschulischen Be–

reich gibt es dort, wo es

zur Erfüllung des Schul–

zweckes notwendig ist; d. h.

überall dort, wo es um die

Verwirklichung des allen

Schülern zustehenden Rechts

auf Bildung geht. Die Schu–

le kann also z. B. Hausauf–

gaben verlangen oder die

nachmittägliche

Freizeit

durch Pflichtveranstaltungen

beschränken. Die Schule

kann und wird stets dann

einschreiten, wenn sich das

außerschulische Verhalten

eines Schülers unmittelbar

gegen die Schule richtet:

wenn er z. B. einen Lehrer

mit anonymen Telefonanru–

fen terrorisiert, ihn nachts

herausklingelt, oder ihn in

Zeitungsartikeln verleum–

det.

Der Schulleiter hat aber

kein Recht, ein "Liebesver–

bot" zu verhängen. Denn:

Küsse vor der Schultür be–

einträchtigen die Erfüllung

des Schulzweckes normaler–

weise nicht.

Nichts ist dagegen einzu–

wenden, wenn der Direktor

das Mädchen ruft und mit

ihm darüber spricht, daß nach

seiner Ansicht Zärtlichkeiten

mit dem Freund nicht in al–

ler Öffentlichkeit vor der

Schule demonstriert wer–

den sollten - schon wegen

der meist gut entwickelten

Spottlust der ungeküßten

Mitschüler.

Wir

-

streiken!

Der Fall:

"Arbeitskreis fort–

schrittlicher Schüler" heißt

die jüngste Neugründung

einer Gruppe von Gymna–

siasten, die sich betont pro–

gressiv und radikal geben.

Ihr Kampf gilt besonders

dem "menschenunwürdigen

Leistungsprinzip".

Das

Kampfmittel heißt Streik.

Tatsächlich bleibt eine Rei–

he von Schülern dem Un-

terricht fern.

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beitsvPrhältnis vorliegt, d. h.

renz und Elternbeirat

wo es um die Beziehungen

sein über den Fall.

zwischen Arbeitgeber und

Das Recht:

Der Schülerstreik

ist unzulässig. Die Schule

handelt pflichtgemäß, wenn

sie mit den ihr zu Gebote

stehenden Mitteln (z. B.

Schulstrafen) gegen die

streikenden Schüler vor–

geht, insbesondere gegen

die Rädelsführer. Organi–

siertes Fernbleiben vom Un–

terricht ("Boykott") ist nur

in extremen Ausnahmefäl–

len erlaubt, z. B. bei einer

unmittelbaren Gefahr für

Leib, leben oder Gesund–

heit der Schüler (akute Bau–

fälligkeit des Schulgebäu–

des).

Ein Streik dagegen ist

nach der Verfassung nur

dort zulässig, wo ein Ar-

Arbeitnehmer geht. Die Be–

ziehungen des Schülers zur

Schule sind mit diesem Ver–

hältnis nicht vergleichbar.