drei Jahren jedoch ist dieser Boden
total ausgelaugt, denn die Humus–
schicht in den Tropenwäldern ist in
der Regel nur 10 Zentimeter dick.
Was bleibt den Kleinbauern da an–
deres übrig, als das nächste Stück
Land zu roden. Dazu kommt noch,
daß man in Brasilien bis vor einigen
Jahren für brachl iegendes Land Steu–
ern zahlen mußte, nicht aber für ge–
nutzte Flächen - und Brandrodung
galt als Nutzung! So haben Groß–
grundbesitzer einfach rie-sige Flä–
chen abgebrannt, um Steuern zu spa–
ren. Nicht vergessen sollte man die
Heerscharen von Goldgräbern im
Amazonasgebiet, die nicht nur Erd–
schichten abtragen, sondern ganze
Landstriche durch Quecksilber, das
sie zur Auswaschung des Goldes be–
nutzen, vergiften .
Welche Auswirkungen hat der gigan–
tische Kahlschlag für die Länder der
Dritten Welt?
Zunächst einmal leidet die arme Be–
völkerung am meisten, denn sie muß
unter schwierigsten Bedingungen le–
ben; die Rodung des Urwalds ist eine
fürchterliche Arbeit, und das mit so
hartem Einsatz gewonnene Land
bringt nur kurze Zeit Ertrag. Zum an–
deren wird - wie bereits erwähnt -
der Lebensraum vieler Eingebore–
nenstämme zerstärt-ohne große öf–
fentliche Proteste vollzieht sich hier
ein brutaler Völkermord. Wenn man
dann allgemeine Folgen benennen
will, so muß man zuerst die Verände–
rung des Wasserhaushqlts anführen.
Einerseits nehmen die Uberschwem–
mungen zu; andererseits gibt es im–
mer häufiger Zeiten, in denen die
Flüsse fast austrocknen. Darüber hin–
aus ändert sich das Regionalklima,
d. h., es unterliegt größeren Schwan–
kungen; beeinflußt werden die Luft–
strömungen, vielleicht sogar die
Meeresströmungen.
Welche Folgen hat die Vernichtung
der Regenwälder für uns?
Eine ganze Palette. Die Zahl der Wir–
belstürme wird noch zunehmen - ei–
nen Vorgeschmack von der verhee–
renden Wirkung dieser Stürme haben
wir ja in jüngster Vergangenheit
schon erhalten; ändern könnte sich
bei · uns auch die Temperatur. Man
muß sich im klaren darüber sein, daß
in der Pflanzenmasse der Tropenwäl–
der riesige Mengen von Kohlenstoff
gebunden sind. Wenn diese Pflan–
zenmasse nun zerstört wird, sei es
durch Brandrodung oder auf andere
Weise, dann wird dieser Kohlenstoff
in Form von Kohlendioxid frei. Koh–
lendioxid aber trägt zu über 50 Pro–
zent zum Treibhauseffekt bei .
,,DIE
ÖKOLOGIE
LEHRT UNS,
DASS ALLES -
VON ALLEM
••
ABHANGT!~.
Sind noch andere negative Auswir–
kungen zu befürchten?
Wir verlieren wertvolle Stoffe, nicht
nur Holz, sondern auch im Pflanzen–
material enthaltene Substanzen, die
von großer Bedeutung für Pharmazie
und Medizin sind. Wir zerstören mit
den tropischen Wäldern also Schatz-
. kammern, ohne vorher festgestellt zu
haben, was sie enthalten . Daneben
handelt es sich bei diesen Ökosyste–
men mit ihrem Reichtum an Tier- und
Pflanzenarten um die größte Gen–
bank der Weit - und von einem rei–
chen Genbestand hängt die Entwick–
lung des Lebens auf der Erde ab. Ent–
scheidend ist hier vor allem der Zeit–
faktor; während in der Eiszeit pro
100 Jahre eine Art ausstarb, vernich–
ten wir heute Tausende von Tier- und
Pflanzenarten in einem Jahr.
Wie kann man Ihrer Meinung nach
diesen Teufelskreis durchbrechen?
Eine Lösung kann nur gemeinsam
von den Industriestaaten und den
Ländern der Dritten ·Weit gefunden
werden. Freilich muß uns klar sein,
daß der Weg von der ersten Konzep–
tion bis zur Verwirklichung vor Ort
sehr lang ist, daß aber andererseits
die Zeit wahnsinnig drängt. Sehen
muß man auch, daß die Regierungen
der betroffenen Entwicklungsländer
natürlich das Problem erkannt ha–
ben, daß sie aber cirm und hoch ver–
schuldet sind und daher auf die Ein–
nahmequelle "tropischer Wald" nur
verzichten können, wenn wir ihnen fi–
nanziell unter die Arme greifen.
Muß man also die Entwicklungshilfe
verstärken?
Ja, aber man muß jede Maßnahme,
die man unterstützt, dahingehend
prüfen, ob sie umweltverträglich
oder umweltschädlich ist. Es dürfen
keine Proiekte mehr finanziert wer–
den, die direkt oder indirekt zur wei–
teren Zerstörung der Natur beitragen
wie etwa ein unüberlegter Straßen–
bau, der noch unberührte Waldge-
biete erschließt, oder das Anlegen
von Stauseen, bei denen riesige Flä–
chen- zum Teil größer als das Saar–
land- unter Wasser gesetzt werden.
Gibt es keine unmittelbaren Sofort–
maßnahmen?
Doch, man kann die Umweltschutz–
organisationen in den entsprechen–
den Ländern unterstützen. Diese Leu–
te wissen genau, was zu tun ist. Au–
ßerdem kennen sie ihre Politiker und
ihre Regierungen und können auf sie
Einfluß nehmen. Leider fehlen den
Naturschutzorganisationen manch–
mal die einfachsten Mittel für ein ra–
tionelles Arbeiten -ein Telefon, Ben–
zin oder ein Geländewagen.
Wie kann der einzelne mithelfen, um
zu retten, was noch zu retten ist?
Das wichtigste ist sicher die finanziel–
le Unterstützung dieser Organisatio–
nen, wobei schon kleine Beträge hel–
fen können. Dann sollte ieder Bürger
auf tropische Hölzer verzichten, d. h.,
er sollte nur Dinge kaufen, die aus
einheimischem Holz hergestellt sind.
Natürlich nützt es auch, wenn wir -
im positiven Sinne- Druck auf unsere
Politiker ausüben.
Sehen Sie trotz der fortgeschrittenen
Umweltzerstörung zuversichtlich in
die Zukunft?
Ja, wenn es in den nächsten fünf bis
zehn Jahren gelingt, der rasanten
Zerstörung der Tropenwälder wirk–
lich Einhalt zu gebieten. Gerade des–
halb habe ich zusammen mit anderen
vor gut einem Jahr auch die Stiftung
Oro verde
gegründet, die sich ganz
speziell für die Erhaltung der Regen–
wälder einsetzt. Wir unterstützen
nicht nur Umweltorganisationen in
den Entwicklungsländern, sondern
kaufen auch Landstriche mit Tropen–
wald- den Hektar für' elf Dollar- um
ihn der Nachwelt zu erhalten. Wer
sich über diese Organisation näher
informieren möchte, kann sich an
Oro verde
in .8000 München 2, Barer
Straße 9, wenden.
SCHULE
aktuell
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