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Grundsätzlich bin ich der Meinung, daß jeder, der ge–

sund ist, der flexibel ist und der arbeiten will, in Bayern

Arbeit findet.

Manche junge Leute ziehen das schnellverdiente Geld in

einem "Job" einer soliden Berufsausbildung vor. Mit wel–

chen Nachteilen müssen diese Jugendlichen rechnen?

Es gibt Bereiche in der Wirtschaft, in denen man auch Un–

gelernte brauchen kann- aber der Bedarf wird geringer,

das ist gar keine Frage. Die Gefahr der Arbeitslosigkeit

wird für einen Ungelernten in Zukunft also sicherlich grö–

ßer. Gerade ausländische Jugendliche stellen hier immer

noch eine gewisse Problemgruppe dar, obwohl bereits

Verbesserungen eingetreten sind- immerhin ist fast jeder

zehnte Lehrling im bayerischen Handwerk ein junger

Ausländer.

Pressemitteilungen kann man entnehmen, daß bundes–

weit pro Jahr rund 100000 Lehrlinge ihre Ausbildung vor–

zeitig abbrechen. Woran liegt das?

Bei uns, im bayerischen Handwerk, brechen ungefähr acht

Prozent der Auszubildenden die Lehreab-meistens in den

ersten drei Monaten. Ich halte es für vernünftig, daß einer

seine Lehre abbricht, wenn er merkt, daß er eine falsche

Wahl getroffen hat-das ist ja auch mit der Sinn der Probe–

zeit. Übrigens wird durch das Betriebspraktikum dem

Ganzen entgegengesteuert. Wer einmal eine Woche lang

in der Backstube oder auf dem Baugerüst gestanden ist,

merkt sehr schnell, ob ihm das liegt oder nicht.

Ein Mädchen

als

Maschinen–

schlossetin

-

warum

eigentlich

nicht?

Einer Umfrage zufolge ist heute jungen Leuten der Spaß

am Beruf das wichtigste. Kann man auf ein solches Motiv

bei der Wahl eines Handwerksberufes bauen?

Es freut mich wirklich, daß bei den jungen Leuten nicht

mehr das Geldverdienen bei der Berufswahl im Vorder–

grund steht, sondern die Freude am Beruf. Und hier hat

das Handwerk durchaus etwas zu bieten. Der Handwer–

ker sieht im wesentlichen, wie sein Produkt entsteht, er ist

mehr als nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Zudem

sind bei uns die Betriebe in der Regel noch überschaubar,

man kennt den Chef oder die Chefin persönlich, und die

finanzielle Seite ist tarifvertraglich gesichert. Entspre–

chend zufrieden sind dann auch -laut Umfragen- unsere

jungen Handwerker.

Der Anteil der Abiturienten, die zunächst nicht studieren,

sondern eine berufliche Ausbildung beginnen, hat bis vor

einigen Jahren noch zugenommen. Sind Abiturienten in

den Handwerksberufen eine Konkurrenz für Haupt- oder

Realschüler?

Überhaupt nicht; nur fünf Prozent unserer Lehrlinge ha–

ben Abitur- eigentlich sind das noch zuwenig. Hier müs–

sen wir alle umdenken; denn Abitur darf nicht automa–

tisch Studium heißen. Abitur heißt ja Reifeprüfung, und

zur Reife gehört, daß man seine Neigungen erkennt.

Wenn also ein Abiturient sich zu einem Handwerksberuf

hingezogen fühlt, dann sollte er ihn erlernen. Der Mensch

beginnt nicht erst beim Akademiker. Meine Tochter z. B.

hat nach dem Abitur eine Konditorlehre begonnen. Der

Konditorberuf gefällt ihr ausnehmend gut, und sie macht

in diesem Jahr ihre Meisterprüfung.

Wünscht sich das Handwerk mehr Lehrlinge mit Abitur?

Durchaus! Leute aber, die nur vorübergehend oder aus

Verlegenheit ins Handwerk gehen, sind sicher nicht die

wahren Lehrlinge. Problematisch ist es auch dort, wo Ab–

iturienten ein falsches oder überzogenes Berufsbild ha–

ben und gewisse Modeberufe wählen.

Kultusminister Zehetmair hat mit dem qualifizierten be–

ruflichen Bildungsabschluß die berufliche Bildung aufge–

wertet. Wie stehen Sie zu dieser Maßnahme?

Ich finde sie sehr gut; in diese Richtung muß es weiterge–

hen. Durch den Quabi ist auch für den Handwerker der

Durchstieg bis zur Hochschulreife möglich, und das ist

eine Chance, die man den jungen Leuten einfach geben

muß. Denn mit 15 Jahren wissen viele noch nicht, welche

berufliche Position sie später einmal einnehmen wollen.

SCHULE

aktuell

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