OFFENE
WECE
Jahrelang hatten in
den medizinischen
Fächern nur Ab–
iturienten mit
Traumnoten Aus–
sicht auf sofortige
Zulassung zum Stu–
dium. Ab Winterse–
mester 1980/81 wird
die Auswahl nach
neuen Gesichts–
punkten getroffen.
Auch solche Bewer–
ber sollen jetzt eine
Chance erhalten,
die mit ihrem Noten–
durchschnitt früher
nicht zum Zug ge–
kommen wären.
Fortsetzung von Seite 5
klin iken können nun einmal
nicht von heute auf morgen fi–
nanziert und aus dem Boden
gestampft werden . Vor allem
aber wäre diese Problemlösung
nicht mehr zukunftsgerecht Es
wird nämlich schon heute deut–
lich, daß der Bedarf an Nach–
wuchsmedizinern in absehba–
rer Zeit gedeckt sein dürfte.
Die Kultusminister zogen aus
dieser sich abzeichnenden Zu–
kunftsentwicklung und den
nach wie vor hohen Bewerber–
zahlen für die medizinischen
Richtungen die Konsequenzen .
Sie setzten ein neues Zulas–
sungssystem für Medizinstu–
denten in Kraft, das ab Winter–
halbjahr 1980/81 erstmals an–
gewandt werden soll . Was ist
neu? Wie wird künftig der Zu–
gang zu den medizinischen
Studiengängen geregelt?
Die erste Antwort lautet: Ab–
iturnoten entscheiden nicht
mehr allein . Weitere Gesichts–
punkte werden künftig eine
Rolle spielen. Dadurch soll die
Verteilung der begehrten Man-
6
gelware gerechter werden als
bisher. Auch Durchschnittsab–
iturienten erhalten eine faire
Chance. Das neue Verfahren
arbeitet so: Alle in der Bundes–
republik verfügbaren Plätze für
Studienanfänger in den drei
medizinischen
Richtungen
werden zunächst von den
Hochschulen an die .Dortmun–
der Zentralstelle gemeldet. Pro
Studienjahr sind das ca. drei–
zehntausend . Aus dieser Men–
ge bildet man dann fünf Teil–
mengen, in der Fachsprache
"Quoten" genannt. Diese Quo–
ten sind ungleich groß, und
zwar im Verhältnis von
30:25:20 :15:10 (siehe Schau–
bild rechts) . ln jeder Quote be–
stimmen andere Grundsätze
und Maßstäbe darüber, welche
Bewerber zugelassen werden:
e
Bei der Abitur/Testkombina–
tion (Quote 30 Prozent) ent–
scheiden Abiturnoten plus der
neu eingeführte "studienfeldbe–
zogene Test" (Näheres unten) .
e
Die Studienplätze der Vor–
abguote (25 Prozent) sind .für
ausländische Bewerber, für so–
ziale Härtefälle, für Sanitäts-Of–
fiziers-Anwärter der Bundes–
wehr und für den Ärztenach–
wuchs der Gesundheitsämter
bestimmt.
e
Die Altwarter-Quote (jetzt
20 Prozent) ist reserviert für
junge Leute, die ihre Hoch–
schulzugangsberechtigung vor
dem 30. September 1978 er–
worben haben und seither er–
folglos auf einen Studienplatz
warten . Die Zulassung erfolgt
im Rahmen eines Losverfah–
rens, wobei die Chance mit der
Länge der Wartezeit steigt.
e
Beim leistungsgesteuerten
Losverfahren (Quote jetzt
15
Prozent) fällt die Entscheidung
durch eine Kombination aus
Abiturnoten plus Zufall (Nähe–
res dazu unten) .
e
Bei der kleinsten, der Ab–
iturbesten-Quote (1 0 Prozent),
kommt es allein auf den mög–
lichst guten Notendurchschnitt
im Reifezeugnis an.
Man sieht: Das Abiturzeug–
nis, früher fast Alleinherrscher,
hat bei den Medizinern jetzt
"Mitregenten" bekommen . Die
bemerkenswerteste Neuerung
des ganzen Systems ist aber
zweifellos der "studienfeldbe–
zogene Test" in der 3D-Prozent–
Quote. Mit großem wissen–
schaftl ichem Aufwand entwik–
kelt, soll er eine Vorhersage lie–
fern über die spezielle Eignung
eines Bewerbers für das Medi–
zinstudium. Rund fünf Stunden
dauert die Test-Klausur. Sie
zielt auf naturwissenschaftl i-
Leistungsgesteuertes
Altwarter
Losverfahren
20%
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-·(;-~,·:·-'.: .;:·:~
15%
d:
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25%
Vorabquote
30%
Abitur/Test-
_,_
Kombination
- ~
10%
I
Abiturbeste
1
-4
Testbeste
I
:;-.-
'I
·•J.;
Mangelware neu verteilt
Zu viele Abiturienten wollen Medizin studie–
ren. Wie soll man die Bewerber auswählen?
Bisher zählten die Noten Im Abitur. Ab Win–
tersemester
1980/81
wird das Verfahren auf
eine breitere Basis umgestellt. Dazu teilt man
die für Erstsemester freien Studienplätze ln
fünf verschieden große "Quoten" ein. ln jeder
herrscht ein anderer Gesichtspunkt für die
Auswahl vor. Das Schaublid gibt die Größe
der einzelnen "Quoten" in Prozent an und
das jeweils entscheidende Kriterium.
ches Verständnis, auf Logik,
Gedächtnis und Konzentration .
Die Bandbreite der hier zu lö–
senden Aufgaben reicht von
Mathematik bis zum figuren–
test, von der Merkfähigkeit bis
zur anspruchsvollen Abstrak–
tionsübung.
ln den kommenden Seme–
stern steht dieser "studienfeld–
bezogene Test" selbst noch auf
dem Prüfstand . Solange ist
auch die Teilnahme daran frei–
willig. Wer sich ihm aber unter–
zieht, verbessert damit seine
Zulassungschance. Testergeb–
nis und Durchschnittsnote im
Reifezeugnis werden nicht
gleich, sondern im Verhältnis
von 45:55 gewichtet. Entspre–
chend der vom Computer hier–
aus errechneten Rangfolge der
Bewerber kommen die Studien–
plätze dieser Quote dann zur
Verteilung. Maximal sind das
1200, wovon wiederum 10
Prozent sofort an die Besten im
Test fallen - also ohne Rück–
sicht auf Abiturnoten .
Doch nun ein Blick auf die
15-Prozent-Quote des "Iei-
stungsgesteuerten
Losverfah–
rens", bei dem, wie gesagt,
Glück und Zufall mitspieiP'
Daß es keine reine Lotte
wird, verhindert das Reifezeug–
nis. Je besser nämlich der No–
tendurchschnitt eines Kandida–
ten ist, desto höher auch seine
Chancen in dieser Quote. An–
dererseits können auch mittel–
prächtige oder sogar schlechte
Abiturienten hoffen, daß sie
hier zum Zuge kommen -
wenn ihnen Fortuna hold ist.
Der jetzt bei 15 Prozent lie–
gende Anteil an Studienplät–
zen, die über das "leistungsge–
steuerte Losverfahren" verge–
ben werden, soll in den näch–
sten Semestern anwachsen bis
auf 30 Prozent, die im Winter–
halbjahr 1983/84 erreicht sein
werden . Dann nämlich ist die
heute noch für "Aitwarter"
reservierte 20-Prozent-Quote
ganz abgebaut. Das dadurch
frei gewordene Kontingent fällt
der Quote des " leistungsgesteu–
erten Losverfahrens" zu .
Was bedeutet nun das alles
für den Abiturienten des Jahres