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Mobilisierung durch Populismus?

Einsichten und Perspektiven 1 | 17

nur die zwölf Provinzen miteinander verglichen werden.

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Wieder ist an den gestrichelten Trendlinien zu erkennen,

welchen Effekt die Wahlbeteiligung auf das Ergebnis der

rechtspopulistischen Parteien in den verschiedenen Län-

dern hat. Als rechtspopulistische Parteien wurden trotz

einiger programmatischer Unterschiede folgende Par-

teien gewählt: die

Freiheitliche Partei Österreichs

(FPÖ),

die Schweizerische Volkspartei

(SVP), die

Dansk Folkeparti

(DF), der

Front National

in Frankreich (FN) die

Partij

voor de Vrijheid

in den Niederlanden (PVV) und schließ-

lich die

United Kingdom Independence Party

(UKIP).

Wiederum stellt die jeweils linke Grafik den Zusam-

menhang zwischen Wahlbeteiligung und dem Erfolg der

jeweiligen Partei in Prozent dar. Auf der rechten Seite sind

immer die Veränderung der Wahlbeteiligung zur Vorwahl

sowie die Veränderung des Parteiergebnisses verzeichnet.

Liegt der Punkt also bei −3 auf der x-Achse, so ist die

Wahlbeteiligung in diesem Bezirk im Vergleich zur vor-

herigen Wahl um drei Prozentpunkte gesunken. Einen

Spezialfall stellt Frankreich dar, da hier beide Wahlgänge

der Regionalwahl 2015 als Datengrundlage genommen

wurden. Somit liegen zwischen den beiden Zeitpunk-

ten nicht mehrere Jahre, sondern nur eine Woche (erster

Wahlgang: 06.12.2015; zweiter Wahlgang: 13.12.2015).

Ein weiterer Sonderfall ist die Bundespräsidentenwahl in

Österreich. Auch hier liegen zwischen der Stichwahl zwi-

schen Norbert Hofer (FPÖ) und Alexander van der Bellen

(Grüne) und deren aufgrund von Verfahrensfehlern not-

wendigen Wiederholungswahl nur wenige Monate. Des

Weiteren ist hier der Stimmenanteil stärker personalisiert,

da man für Norbert Hofer von der FPÖ als Kandidaten

wählen konnte und nicht für eine Partei stimmte. Bei die-

sen beiden Sonderfällen liegt sehr wenig Zeit zwischen

den Wahlgängen, sodass die Effekte im Gegensatz zu den

anderen Wahlen weitgehend auf Mobilisierungswirkun-

gen der Parteien zurückgeführt werden können.

An den gestrichelten Trendlinien lässt sich weder ein

negativer oder positiver Effekt ablesen. Da die Daten z.T.

sehr unterschiedliche Bereiche umfassen, ist zusätzlich der

Korrelationskoeffizient „Pearson R“ aufgeführt, der die

Stärke des Zusammenhangs auch zwischen verschiedenen

Ländern vergleichbar macht. Der Wert kann zwischen −1

und +1 liegen. Werte bis etwa ±0,3 stehen für einen sehr

geringen Effekt, während Werte von mehr als ±0,7 für

einen starken Zusammenhang stehen.

37 Bei Wahlen zum Europaparlament existiert in den Niederlanden lediglich

ein einziger Wahlkreis. Die Provinzen stellen daher die kleinstmögliche

Ebene dar, auf der die Daten frei verfügbar abrufbar sind.

Bei dem Vergleich von Wahlbeteiligung und Erfolg rechts­

populistischer Parteien (linke Seite der Abbildung) lässt

sich erkennen, dass ein Zusammenhang nur selten ein-

deutig nachweisbar ist. Stärkere Effekte ergeben sich

lediglich in den Niederlanden und in Großbritannien. Je

höher hier die Wahlbeteiligung ausfiel, desto niedriger war

das Wahlergebnis der PVV bzw. UKIP. In Frankreich ist

hingegen ein entgegen gesetzter Zusammenhang zu beob-

achten, allerdings fällt dieser marginal aus. In Österreich,

der Schweiz und Dänemark hängt das Wahlergebnis der

rechtspopulistischen Parteien nicht mit der Wahlbeteili-

gung zusammen und die Parteien können weder profitie-

ren, noch schadet ihnen eine hohe Wahlbeteiligung.

Auch der Blick auf die Veränderung der Ergebnisse

(rechte Seite der Abbildung) seit der Vorwahl fördert

ambivalente Ergebnisse zu Tage. Bei der Bundespräsi-

dentenwahl in Österreich sowie bei der Folketingswahl

in Dänemark konnten die Kandidaten besonders in den

Bezirken gute Ergebnisse erzielen, in denen auch die

Wahlbeteiligung am stärksten gestiegen – bzw. am wenigs-

ten gefallen – war. Norbert Hofer verlor zwar durchweg

relativen Stimmenanteil, allerdings war der Verlust in den

Bezirken am geringsten, in denen die Wahlbeteiligung zur

Wiederholungswahl am stärksten gestiegen war. Ähnlich

in Dänemark, wo die Wahlbeteiligung in allen Bezirken

gesunken ist, aber die

Dansk Folkeparti

die deutlichsten

Zugewinne dort erzielte, wo die Wahlbeteiligung am

wenigsten zurückging. Der Effekt ist hier allerdings allen-

falls schwach. Rechtspopulistische Parteien hätten hier

also profitiert, wenn die Wahlbeteiligung stark ansteigt.

Ein abweichendes Bild zeichnen allerdings die Ergeb-

nisse aus Frankreich und Großbritannien. Der

Front Nati-

onal

und UKIP verzeichnen gerade in den Bezirken, in

denen die Wahlbeteiligung stark anstieg, die schwächsten

Parteiergebnisse. Beide Effekte sind nicht besonders stark,

aber dennoch nachweisbar. In der Schweiz, Dänemark

und den Niederlanden konnte kein Zusammenhang zwi-

schen dem Erfolg rechtspopulistischer Parteien und dem

Anstieg der Wahlbeteiligung festgestellt werden.

Weder der Blick auf vorangegangene Wahlen in Deutsch-

land, als auch in andere europäische Länder lässt also

einen eindeutigen Schluss zu. Bisher lässt sich aus der

Betrachtung bisheriger Wahlen nicht eindeutig ableiten,

ob rechtspopulistische Parteien von hoher Wahlbeteili-

gung profitieren und sie es schaffen verlorene Wählergrup-

pen wieder an die Wahlurne zu bringen, oder nicht.