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Mobilisierung durch Populismus?

Einsichten und Perspektiven 1 | 17

Dennoch ermöglichen diese Zahlen einen ersten Zugang

zu dem Phänomen. In Abbildung 1: Stimmengewinn der

AfD durch andere Parteien bei den Landtagswahlen 2016

ist für alle Landtagswahlen 2016 abgetragen, von welcher

Partei oder Gruppe die AfD anteilig die meisten Stim-

men bekommen hat. Die hier genutzten Daten stammen

vom Meinungsforschungsinstitut infratest dimap, welches

am Wahlabend vor allem für die ARD-Berichterstattung

Umfragen durchgeführt hat.

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Es fällt tatsächlich auf, dass der größte Teil der Anhän-

gerschaft der AfD bei der vorherigenWahl noch nicht zur

Wahl gegangen war. In Mecklenburg-Vorpommern und

Sachsen-Anhalt machen die ehemaligen Nichtwähler/-

innen gar 40 Prozent der gesamten Wählerschaft der

Partei aus. Durchschnittlich bildeten die Nichtwähler/-

innen etwa ein Drittel der AfD-Wähler/-innen. Damit

relativiert diese Abbildung allerdings auch die Annahme,

die AfD würde fast ausschließlich eine verlorene Gruppe

wieder an die Urne holen. Zwei Drittel der AfD-Wähler/-

innen haben auch schon bei der vorangegangenen Wahl

ihre Stimme abgegeben. Etwa ein Fünftel der Anhänger-

schaft stammt von der CDU und nochmal ein Fünftel

von kleineren Parteien, die keine besondere Rolle in der

Parteienlandschaft spielen. Ob dies in erster Linie ehe-

malige Anhänger/-innen von rechtsradikalen Parteien

wie der NPD sind, kann auf der Grundlage der vorhan-

denen Daten nicht überprüft werden. In Berlin ist der

Unterschied zwischen dem Nichtwahlanteil und weite-

ren Parteien nur sehr knapp. Während 25 Prozent der

AfD-Wähler/-innen vormals CDU wählten, liegen die

Zugewinne aus dem Nichtwahllager nur knapp darüber

(28 Prozent). Zwischen zehn und 15 Prozent der AfD-

Wähler/-innen kamen außerdem von der SPD. Ledig-

lich bei Grünen- und Linken-Wähler/-innen scheint die

AfD kaum erfolgreich zu sein. Es fällt allerdings auf, dass

sowohl der Anteil, der von der Linken kommt, als auch

der Anteil aus den Nichtwähler/-innen bei den beiden

ostdeutschen Ländern Mecklenburg-Vorpommern und

Sachsen-Anhalt besonders hoch ist. Die beiden Gruppen

zusammen machen hier über die Hälfte der AfD-Wäh-

lerschaft aus. Aus den Daten zur Stimmenwanderung

geht ebenfalls hervor, dass auch andere Parteien Wähler/-

35 Lesebeispiel: In Baden-Württemberg haben etwa zehn Prozent der AfD-

Wähler/innen bei der letzten Wahl noch SPD gewählt und etwa 19 Pro-

zent die CDU. Die Werte der Parteien zusammengenommen, addieren sich

nicht in allen Fällen auf 100 Prozent. Zum Teil waren in den Werten noch

die FDP oder die Piraten mit aufgeführt und nicht in den „Anderen“ ent-

halten. Die Grafik schließt in diesen Fällen die Wanderungen von diesen

Parteien zur AfD aus.

innen aus dem Nichtwahllager mobilisieren konnten.

So machen die ehemaligen Nichtwähler/-innen bei der

SPD zum Teil über 50 Prozent an den gesamten Zuge-

winnen aus (Berlin und Mecklenburg-Vorpommern).

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Der Unterschied ist lediglich, dass die SPD auch an

andere Parteien Wähler/-innen verliert, die Mobilisie-

rung innerhalb der Nichtwähler/-innen fällt allerdings

ähnlich stark aus.

Weitere Hinweise darauf, ob die Wahlbeteiligung durch

das Erstarken der AfD angestiegen ist, lassen sich aus dem

Vergleich des Wahlergebnisses der AfD und der absoluten

Wahlbeteiligung bzw. der Veränderung der Wahlbeteili-

gung zur Vorwahl ableiten. In der folgenden Abbildung

2: Zusammenhang zwischen Wahlbeteiligung und AfD-

Wahlergebnis bei der Bundestagswahl 2013 und Europa-

wahl 2014 in Deutschland wurde jeweils der Erfolg der

AfD in Form des Wahlergebnisses und die absolute Wahl-

beteiligung in der linken Grafik sowie die Veränderung

der Wahlbeteiligung zur Vorwahl in der rechten Grafik für

die Bundestagswahl 2013 und die Europawahl 2014 auf

Landkreisebene abgetragen. Jeder Punkt steht für einen

Landkreis und die dazugehörige Wahlbeteiligung und das

AfD-Wahlergebnis in diesem Kreis.

Für die Bundestagswahl ist zu erkennen, dass die Höhe

der Wahlbeteiligung keine Auswirkungen auf das Wahl-

ergebnis der AfD hatte. Die gestrichelte Trendlinie läuft

nahezu parallel zur x-Achse. Je höher die Wahlbeteili-

gung allerdings im Vergleich zur Bundestagswahl 2009

gestiegen war, desto höher waren auch die AfD-Ergeb-

nisse. Bei der Bundestagswahl stieg mit stärkeren AfD-

Wahlergebnissen also auch die Wahlbeteiligung. Hiermit

ist nicht gesagt, dass vor allem Nichtwähler/-innen die

AfD gewählt haben, aber insgesamt weisen Landkreise, in

denen viele Bürger/-innen ihre Stimme der AfD gaben,

auch eine höhere Wahlbeteiligung auf als noch 2009.

Betrachtet man die Europawahl, so ergibt sich ein leicht

verändertes Bild. Je höher hier die Wahlbeteiligung war,

desto niedriger fiel das Wahlergebnis der AfD aus. Der

Effekt ist nicht besonders stark, aber deutlich sichtbar.

Außerdem war bei der Europawahl ein tendenziell umge-

kehrter Effekt zur Bundestagswahl zu erkennen. Je stär-

ker die Wahlbeteiligung von der Europawahl 2009 zur

Europawahl 2014 anstieg, desto niedriger fiel das AfD-

Wahlergebnis aus.

36 Diese Information ist aus den Daten ersichtlich, aber nicht in der Grafik

enthalten.