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Mobilisierung durch Populismus?
Einsichten und Perspektiven 1 | 17
Wahlbeteiligung stark vertreten.
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Hierbei ist vor allem
die Dimension der politischen Gleichheit anzuführen,
welche für jeden Bürger die gleichen Kapazitäten und
Möglichkeiten zur Wahl voraussetzt.
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Damit werden
die Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen der Bür-
ger explizit in das Gleichheitsideal mit einbezogen und
gleichberechtigt neben die Ideale des gleichen Rechts und
des gleichen Stimmgewichts für jeden Bürger gestellt.
Politische Gleichheit wird somit eng verknüpft mit sozia-
ler Gleichheit.
Weltweit lässt sich allerdings beobachten, dass die
individuelle Wahlbeteiligung von einer Reihe sozioöko-
nomischer Faktoren abhängt und die Wahlbeteiligung
zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen keines-
wegs gleich ist. So bezog sich Arend Lijphart bereits
1997 als Präsident der
American Political Science Associa-
tion
explizit auf eine systematische Verzerrung der Wahl-
beteiligung zuungunsten weniger gut situierter Bürger
und sprach von einem ungelösten Dilemma der Demo-
kratie.
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Eine höhere formale Bildung und die erlern-
ten kognitiven Fähigkeiten erleichtern beispielsweise
Hürden der Informations- und Entscheidungssuche
im Vorfeld der Wahl. Höher gebildete Personen zeigen
außerdem seltener sozial abweichendes Verhalten, was
in Zusammenhang mit einer wahrgenommenen Wahl-
norm eine Wahlteilnahme ebenfalls wahrscheinlicher
macht. Während zum Beispiel US-Amerikaner/-innen
mit höherem Bildungsabschluss (tertiäre Bildung) zu
mehr als 80 Prozent wählen gehen, ist es nicht einmal
jede/-r zweite US-Bürger/-in ohne höheren Bildungsab-
schluss, der den Gang an die Urne auf sich nimmt.
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Aktuelle Forschungsergebnisse legen ebenfalls einen
Einfluss des Einkommens auf die Wahlbeteiligung nahe.
Einkommensstarke Gruppen haben ein besonderes
Interesse ihren Einfluss geltend zu machen und wählen
daher überproportional häufig. Zwischen Stadtvierteln
in Duisburg mit besonders hoher (> 6.000 € pro Jahr)
und mit niedriger durchschnittlicher Einzelhandelskauf-
23 Vgl. Armin Schäfer: Der Verlust politischer Gleichheit. Warum die sinkende
Wahlbeteiligung der Demokratie schadet, Frankfurt am Main 2015; vgl.
Kaeding/Haußner/Pieper (wie Anm. 20), Kapitel 2.
24 Vgl. Mikael Persson/Maria Solevid/Richard Öhrvall: Voter Turnout and
Political Equality. Testing the ‘Law of Dispersion’ in a Swedish Natural
Experiment, in: Politics 33 (2013), H. 3, S. 172–184, hier S. 173.
25 Vgl. Arend Lijphart: Unequal Participation: Democracy‘s Unresolved Dilemma,
in: The American Political Science Review 91 (1997), H. 1, S. 1–14, hier S. 1.
26 Vgl. Jens Alber/Ulrich Kohler: Die Ungleichheit der Wahlbeteiligung in
Europa und den USA und die politische Integrationskraft des Sozialstaats,
in: Leviathan 35 (2007), H. 4, S. 510–539, hier S. 525.
kraft
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pro Einwohner/-in (<4.500 € pro Jahr) unterschei-
det sich die Wahlbeteiligung bei Bundestags- und Europa-
wahlen um fast 40 Prozentpunkte.
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Auch Arbeitslosigkeit
oder prekäre Beschäftigungsverhältnisse wirken sich auf
das individuelle Wahlverhalten aus. Fast kein anderer
Indikator steht so sehr für sozialen Abstieg, wie der Verlust
einer Arbeitsstelle. Zwar zeigt sich der Nachteil stärker in
den Vereinigten Staaten als in europäischen Ländern, aber
auch hierzulande kann ein negativer Effekt festgestellt
werden.
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Besonders auf kleinräumiger Aggregatebene, wo
die Arbeitslosenquote stellvertretend für zahlreiche sozi-
ale Probleme innerhalb von Ländern oder Städten steht,
macht sich der Effekt bemerkbar.
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Neben den vorgestellten Indikatoren hat die Politikwis-
senschaft eine Fülle an weiteren Erklärungsansätzen hervor-
gebracht. Smets und van Ham identifizieren in 90 Artikeln
über 170 verschiedene Variablen im Zeitraum zwischen
2000 und 2010.
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Eine vollständige Beschreibung der sozia-
len Schieflage ist daher nicht möglich. Es ist allerdings deut-
lich geworden, dass die Wahlbeteiligung keineswegs gleich-
mäßig in allen sozialen Gruppen sinkt, sondern vor allem
bei Personen mit niedrigem sozioökonomischem Status.
Vergleicht man dieWählerschaft der AfDmit der Gruppe
der Nichtwähler/-innen, so werden einige Gemeinsamkei-
ten deutlich, aber auch einige Unterschiede. Die sozioöko-
nomischen Eigenschaften der Nichtwähler/-innen ähneln
zum Teil denen der Modernisierungsverlierer/-innen und
damit der klassischen Klientel rechtspopulistischer Par-
teien. Nichtwähler/-innen sind ebenfalls häufig sozial und
politisch exkludiert, bildungsfern und finden sich in prekä-
ren Erwerbsverhältnissen wieder. Dennoch sind die bei-
den Gruppen keinesfalls deckungsgleich. Vor allem aus ihrer
frühen Zeit um die Europawahl 2014 herum besaß die AfD
eine deutlich zu den Nichtwähler/-innen verschiedene Wäh-
lerschaft. Auch 2016 ist die Partei vor allem bei Männern
erfolgreich, während sich in der Wahlbeteiligung meist kein
27 Die Einzelhandelskaufkraft wird von dem Marktforschungsinstitut GfK-
geomarketing erhoben. Die Einzelhandelskaufkraft stellt dabei den Teil
der gesamten Kaufkraft dar, die für den Einzelhandel zur Verfügung steht.
Sie wird hier stellvertretend für ein hohes Haushaltseinkommen genutzt.
28 Vgl. Kaeding/Haußner/Pieper (wie Anm. 20), S. 37.
29 Vgl. Aina Gallego: Unequal Political Participation in Europe, in: International
Journal of Sociology 37 (2007), H. 4, S. 10–25, hier S. 13.
30 Vgl. Stefan Haußner/Michael Kaeding/Joel Wächter: Politische Gleichheit
nicht ohne soziale Gleichheit. Die soziale Schieflage niedriger Wahlbe-
teiligung in Großstädten Nordrhein-Westfalens, in: Journal für Politische
Bildung (2017), H. 1, S. 24–30.
31 Vgl. Kaat Smets/ Carolien van Ham: The embarrassment of riches? A
meta-analysis of individual-level research on voter turnout, in: Electoral
Studies 32 (2013), H. 2, S. 344–359, hier S. 345.