Table of Contents Table of Contents
Previous Page  67 / 80 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 67 / 80 Next Page
Page Background

67

Politische Bildung und Integration im digitalen Zeitalter

Einsichten und Perspektiven 2 | 16

Dass die digitale Welt auch unsere regionalen Lebensgewohnheiten tiefgreifend verän-

dert, zeigt sich zum Beispiel daran, dass in Augsburg Bodenampeln installiert werden, die

den nach vorne gebeugten Smartphone-Nutzern das unfallfreie Überqueren von Straßen

ermöglichen sollen. „Bompeln für Smombies“ – schöne neue Welt? 

1

Für die FDP scheint

die Sache klar: Mit dem Schlagwort „Digital first – Bedenken second“ gaben die Freien

Demokraten auf ihrem Parteitag 2016 ein klares Bekenntnis zur Digitalisierung und zur

Offenheit für Veränderung und Fortschritt: „German Mut“ statt „German Angst“. Das

Zukunftslabor Deutschland auf dem Weg zur „Beta-Republik“? 

2

Die Freien Demokraten

jedenfalls plakatieren offensiv, dass sie bereits in der Zukunft angekommen seien. Zwar

sind solche Slogans bekanntermaßen pointierte parteipolitische Reklame, spiegeln jedoch

auch immer die jeweils aktuellen gesellschaftspolitischen Strömungen und Stimmungen.

Ob man dem Digitalen nun bedenkenlos und forsch folgt

oder als Bedenkenträger chronisch zögert und zaudert:

Die digitale Zukunft ist längst Gegenwart und erfordert

vernünftige Reaktionen und Weichenstellungen, denn

das Tempo des technologischen Fortschritts und ihre

gesellschaftspolitischen Ausprägungen spazieren nicht im

Gleichschritt mit dem Ruhepuls der politischen Organe

und deren Betriebstemperatur. Aus diesem Grund sind

gerade Bildung und Wissenschaft in besonderer Weise

aufgerufen, ihre Kunden kompetent und konstruktiv in

die neue Zeit mitzunehmen.

Digitalisierung in Schule und Bildung

Die Bildungslandschaft reagiert insbesondere imBereich der

digitalen Medien auf die sich verändernde Rezeption und

Verarbeitung von Informationen. Denn durch die Digitali-

sierung wird sich naturgemäß auch das (außer-) schulische

Arbeiten und Lernen nachhaltig wandeln, weit mehr, als

dies beim Übergang von der Schiefertafel zum Heft oder

beim Siegeszug des Computers der Fall war. Zahlreiche

neue Methoden des Lernens werden bereits praktiziert

und verändern überdies das Beziehungssystem zwischen

Lehrenden und Lernenden: YouTube-Angebote mit Infor-

mations- und Trainingseinheiten, neue Unterrichts- und

Vorlesungsformen wie Webinare und Web-Based-Training,

digitale Schulbücher und Lernmaterialien oder zahlreiche

1

http://www.n-tv.de/panorama/Augsburg-installiert-Ampeln-im-Boden-

article17527851.html [Stand: 09.06.2016].

2 Der Begriff aus der Sprache der Digitalisierung beschreibt in der Soft-

ware-Entwicklung ein Zwischenstadium, die so genannte „Beta-Version“.

Vgl. Allessandro Peduto: Zurück zu altem Selbstvertrauen, in: http://www.

freiepresse.de/NACHRICHTEN/DEUTSCHLAND/Zurueck-zu-altem-Selbst-

vertrauen-artikel9499498.php [Stand: 30.04.2016].

Schüler- und Studienplattformen sind nur einige Beispiele.

Zusätzlich haben das Web 2.0 bzw. 4.0 und die Social

Media mit ihren technischen Möglichkeiten und Mach-

barkeiten in allen Lebensbereichen die Tür zu einer neuen

Qualität der universellen Wahrnehmung der Welt und des

Sich-in-ihr-Bewegens aufgestoßen, allerdings nur für jene

Altersgruppen, die noch hauptsächlich im analogen Zeital-

ter aufgewachsen sind. Jenen digitalen Paradigmenwechsel

registriert hingegen die Generation der „Digital Natives“

wohl kaum als „Revolution“, lebt sie doch seit jeher in einer

digital-medialen Welt, und deren Reichweite ist umfassend.

Mittlerweile verfügen in der Altersgruppe von 12 bis 25

Jahren 96 Prozent der Deutschen über einen Internetzu-

gang, den sie seit Jahren in zunehmendem Umfang nutzen,

bis zu 13 Stunden wöchentlich. 

3

Bei aller Unterhaltungs-

und Netzwerk-Funktion lässt indes aufhorchen, dass drei

Viertel der Onliner im Internet wöchentlich regelmäßig zu

Bildungszwecken für die Schule, die Ausbildung oder das

Studium unterwegs sind. 

4

Fußend auf der „Idee der gegen-

seitigen Verfügbarkeit und Erreichbarkeit“ 

5

als der Grund-

lage digitaler Information und Kommunikation müsste es

für die Förderung von Bildungsprozessen geradezu verhei-

ßungsvoll sein, wenn auf digitalen Kanälen Bildung jederzeit

verfügbar und jedermann für Bildung jederzeit erreichbar

3 Die Kehrseite der Medaille: Die Abhängigkeit von Internet und Computer-

spielen wurde zum Schwerpunkt des aktuellen Drogen- und Suchtberichts

der Drogenbeauftragten der Bundesregierung. Demnach werden 560.000

Menschen zwischen 14 und 64 Jahren als internetabhängig bezeichnet. Bei

den 14- bis 16-Jährigen sind 4% internetsüchtig. Vgl. Die Drogenbeauftrag-

te der Bundesregierung: Drogen- und Suchtbericht, Juni 2016, S. 100ff.

4 Vgl. Shell Deutschland Holding (Hg.): Jugend 2010. Eine pragmatische Ge-

neration behauptet sich, Bonn 2010, S. 101–110.

5 Shell Deutschland Holding (wie Anm. 4), S. 105.