Themenheft Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 2/13) - page 63

Neue Formen der Bürgerbeteiligung
Einsichten und Perspektiven Themenheft 2 | 13
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haupt einen Bürgerhaushalt durchgeführt, was in etwa den
Daten bei Schröter entspricht. Von diesen wiederum waren
20,7 Prozent der befragten Bürgermeister der Auffassung,
dass Bürgerhaushalte die Ausgaben erhöhen würden, wäh-
rend 19,5 Prozent einen die Ausgaben senkenden Effekt be-
obachteten. Dagegen sahen 43,9 Prozent keinen Nettoef-
fekt auf den Haushalt und elf Prozent einen umschichten-
den Effekt (4,9 Prozent der Bürgermeister wollten die Frage
nicht beantworten).
Generell scheinen auch Abnutzungserscheinungen
feststellbar zu sein. So haben sich in Bonn 2012 nur 1 740
Bonner an der Online-Diskussion des Haushalts beteiligt.
Im Jahr zuvor waren es noch 12 000 gewesen. Auch aus an-
deren Städten werden ähnliche Zahlen gemeldet, so dass der
Reiz des Neuen doch etwas schwindet.
Fazit
Seit mehreren Jahrzehnten ist eine Ausweitung direktde-
mokratischer Beteiligungsmöglichkeiten zu beobachten.
Dabei kann festgestellt werden, dass die Einführung der di-
rektdemokratischen Instrumente auf kommunaler Ebene
zumeist nach 1990 geschah. Daneben ist in jüngerer Zeit
auch ein deutlicher Anstieg alternativer, neuerer Beteili-
gungsverfahren zu bemerken. Somit finden zwei parallele
Entwicklungen statt, die einmal eine Ausweitung des tradi-
tionellen direktdemokratischen Partizipationsangebots be-
inhalten und zweitens neue Beteiligungsmöglichkeiten ein-
führen.
Diese neuen Verfahren sind dabei vielfältig. Sie
können beispielsweise formalisiert und nichtformalisiert
sein. Die Auswahl der Beteiligten kann selbst gesteuert, per
Zufall oder bewusst (z. B. über eine Quote) geschehen. Und
die Beteiligung kann über das Internet oder durch aktive
Präsenz erfolgen. Die Hoffnungen, die sich mit diesen Ver-
fahren verbinden, sind vielfältig: mehr Transparenz, mehr
demokratische Qualität, höhere Partizipation und bessere
Legitimation. Der Einsatzbereich ist dabei sehr unter-
schiedlich, von der Bauleitplanung, der Mediation lokaler
Konflikte über die Beteiligung von Bürgern bei der Haus-
haltsplanung bis zu Bürgerhaushalten kann man die unter-
schiedlichsten Einsatzgebiete dieser Instrumente beobach-
ten.
Unstrittig ist dabei, dass das letzte Entscheidungs-
recht den gewählten Organen der jeweiligen Gebietskör-
perschaft obliegt. Diese Verfahren sind – im Gegensatz zu
den direktdemokratischen Instrumenten – keine legislati-
ven Verfahren, sondern Beratungs-, Transparenz- und In-
formationsverfahren. Die Hoffnungen – soweit Erfahrun-
gen mit einzelnen Instrumenten vorliegen – haben sich je-
doch nur bedingt erfüllt. Nach anfänglicher Euphorie (etwa
bei Bürgerhaushalten) ging die Beteiligung oft zurück.
Auch die erwünschte Transparenz stellt sich nur bedingt
ein. Zudem lassen die hohen Kosten manches Beteiligungs-
verfahren nur bedingt effizient erscheinen. Dennoch gilt:
Der kooperative Dialog zwischen Bürgerinnen und Bür-
gern, Politik und Verwaltung stellt eine Verbesserung der
demokratischen Qualität auf der kommunalen Ebene dar.
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