Themenheft Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 2/13) - page 62

Neue Formen der Bürgerbeteiligung
Einsichten und Perspektiven Themenheft 2 | 13
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37 Vgl. Elias Pflaumbaum: Bürgerhaushalt im Kräftedreieck Politik – Verwaltung – Bürgerschaft, Hamburg 2011.
Der Durchführungsmodus kann ebenfalls stark va-
riieren. So zeigt die Auswertung von Schröter, dass eine
Mischform aus Internet- und klassischen Vor-Ort-Veran-
staltungen dominiert. Ergänzende Formen („vor Ort“) wä-
ren etwa, Vorschläge per Post, telefonisch, per SMS, per Fax
und/oder persönlich bei der Verwaltung einzureichen. Am
zweithäufigsten finden reine Internetbeteiligungen statt vor
der Möglichkeit, rein „vor Ort“ mit Unterstützung durch
das Internet teilzunehmen. An vierter Stelle kommen
„Mischformen“ (eigentlich sind schon die Varianten eins
und drei Mischformen), wobei hier eine komplexe Gemen-
gelage aus mehreren Medien gemeint ist.
Doch haben Bürgerhaushalte tatsächlich den ver-
muteten Effekt auf den Haushalt? In einer Umfrage hat der
Verfasser 2013 die Bürgermeister in allen Städten Deutsch-
lands nach den Wirkungen von Bürgerhaushalten befragt.
Der Erhebungszeitraum der Befragung, die online und pos-
talisch durchgeführt wurde, reichte von Januar bis Februar
2013, wobei verspätete Fragebögen bis AnfangMai 2013 ak-
zeptiert wurden. Die Gesamtrücklaufquote betrug
69,18 Prozent der angeschriebenen 1 572 Kommunen, wo-
bei 223 Kommunen keine Antworten abgaben, sondern le-
diglich den Fragebogen geöffnet und evtl. nur durchgesehen
hatten. Damit gibt sich eine bereinigte Nettostichprobe von
863 Fällen (54,9 Prozent), die damit qualitativ weit über ver-
gleichbaren Umfragen liegt.
Insgesamt betrachten Bürgermeister die Bürger-
haushalte eher mit Skepsis und beobachten keine eindeuti-
gen Effekte dieses Instruments auf den Haushalt. In der
Literatur werden Bürgerhaushalte als ein mögliches Instru-
ment zum Verschuldungsabbau diskutiert,
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doch die Um-
frageergebnisse können dies nicht nachweisen. Bei der Fra-
ge nach kommunalpolitischen Zielsetzungen der Bürger-
meister wurde die Durchführung von Bürgerhaushalten als
das am wenigsten wichtige Projekt genannt. Die Mitwir-
kung der Bevölkerung an der Haushaltsaufstellung soll ei-
ne engere Verkopplung der Präferenzen mit der Politik er-
möglichen. Die befragten Bürgermeister sehen dieses In-
strument jedoch mehr als skeptisch. Nur 7,9 Prozent der
antwortenden Kommunen (n = 86) haben seit 2000 über-
Linke und rechte Seite: Direkte und repräsentative Demokratie auf einen Blick
Abb.: Bergmoser und Höller
Mandat
Herrschafts-
ausübung
Demokratie-
auffassung
Ständige unmittelbare Beteili-
gung der Aktivbürgerschaft an
der Staatstätigkeit durch Volks-
initiativen, Volksbegehren und
Volksabstimmungen.
Mittelbare Beteiligung der Bürger
an der Staatstätigkeit durch
Wahl einer Repräsentativkörper-
schaft (Parlament), die für die
Dauer der Wahlperiode in
Vertretung des Volkes handelt.
Imperatives Mandat: Die von
den Bürgern bestellten Funktions-
träger sind an deren Weisungen
und Aufträge gebunden. Sie kön-
nen wieder abberufen werden.
Freies Mandat: Die gewählten
Vertreter sind an keine Aufträge
und Weisungen gebunden. Sie
sollen stets die Erfordernisse des
ganzen Volkes mitbedenken.
Die Träger des Volkswillens sind
mündige Bürger mit ausreichen-
der Kompetenz in politischen
Urteilen (dank Bildung, Zugang
zu Informationen und demokra-
tischem Bewusstsein).
Die wichtigen politischen Fragen
sind zu komplex, um sie von
Laien entscheiden zu lassen.
Direkte Demokratie birgt die
Gefahr, von Demagogen miss-
braucht zu werden.
Bergmoser + Höller Verlag AG
©
ZAHLENBILDER
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Direkte und repräsentative Demokratie
Worin sie sich unterscheiden
Direkte Demokratie
Repräsentative Demokratie
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