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Engagement

m Kaufhaus eine teure Markenjacke

mitgehen lassen, mit dem auffrisier-

ten Mofa durch die Gegend rasen –

einfach ein irres Gefühl? Damit ist es

schnell vorbei, wenn man dabei ertappt

wird. „Allerdings“, weiß Dr. Helmut Wal-

ter, Leitender Oberstaatsanwalt in Ingol-

stadt, „legen Pubertierende, die mit dem

Gesetz in Konflikt kommen, manchmal

ein reines Trotzverhalten an den Tag. Ih-

nen sind Eltern, Schule und Gesetze völ-

lig egal. Sie lehnen jede Autorität ab.“

Wenn dagegen Gleichaltrige straffälli-

gen Jugendlichen klar machen, dass ihre

Taten verkehrt sind, kommen sie oft eher

zur Einsicht. Auf diesem Grundgedanken

basiert das so genannte kriminalpädago-

gische Schülerprojekt. Ins Leben gerufen

wurde es vor fast vier Jahren durch das

bayerische Justizministerium – inspiriert

vom US-amerikanischen Modell der

„Teen Courts“. Das Projekt wurde

zunächst in Aschaffenburg erprobt und

dann auf Ingolstadt und Ansbach ausge-

dehnt; demnächst soll es auch im Ge-

richtsbezirk Memmingen starten.

Das Prinzip ist stets dasselbe: Bei

14- bis 18-jährigen Tätern kann der

Staatsanwalt mit Einverständnis der

Jugendlichen und ihrer Eltern den Fall

an ein Schülergremium weiterleiten.

Voraussetzung: Die Sache ist restlos auf-

geklärt, die Täter sind geständig und es

handelt sich nur um ein leichtes oder

mittelschweres Vergehen.

Nach einem klärenden Vorgespräch

treffen sich der Beschuldigte und das

dreiköpfige Schülerteam zu einer „Haupt-

verhandlung“: Eingehend besprechen die

Schüler mit dem Jugendlichen die Motive

und die Folgen seines Vergehens und

denken gemeinsam über eine Wiedergut-

machung nach. Nach kurzer Beratung

beschließt das Gremium dann eine erzie-

herische Maßnahme, z.B. dass der Ju-

gendliche einige Zeit auf etwas verzich-

tet, bestimmte gemeinnützige Arbeiten

verrichtet oder sich in einem Aufsatz

noch einmal mit seinem Verhalten aus-

einandersetzt. Wurde die Sanktion er-

füllt, geht die Akte zurück an den Staats-

anwalt. „Wir

konnten bisher

jedes Mal der

Maßnahme

zustimmen

und den Fall

danach

Weitere Informationen unter:

www2.justiz.bayern.de

>

Aktuelle Projekte >

„Teen-court“-Projekte

i

Im Kampf gegen die Jugendkriminalität setzt

Bayern auf ein bundesweit einzigartiges Modell.

Ein Fall

für Schüler

einstellen“, berichtet Dr. Walter voll An-

erkennung. „Den Tätern blieb damit ein

Auftritt vor dem Jugendrichter erspart.“

Was sind das für Schülerinnen und

Schüler, die sich in den Gremien engagie-

ren? Sie stammen aus den verschiedens-

ten Schularten, sind zwischen 14 und 21

Jahre alt und beweisen bei ihren ein bis

zwei Fällen pro Monat viel Einsatzfreude.

Für den 15-jährigen Florian, der eine In-

golstädter Realschule besucht, war juris-

tisches Interesse für die Teilnahme am

Projekt ausschlaggebend. Margret, eine

17-jährige Gymnasiastin, wollte dabei vor

allem lernen, wie man auf Menschen

eingeht und gute Gespräche führt.

Auf ihren ersten Einsatz bereiten sich

die Mitglieder der „Teen Courts“ an

mehreren Wochenenden vor. Ausgerich-

tet werden diese Schulungen von der

Justiz und einem örtlichen Verein der Ju-

gendhilfe. Auf dem Programm steht eine

Einführung in das Strafrecht ebenso wie

die Zusammenarbeit im Team und Ge-

sprächstraining. Hilfestellung erhalten

die Jugendlichen auch später: Während

der Gespräche mit den Tätern steht ih-

nen immer eine Sozialpädagogin oder

ein Sozialpädagoge beratend zur Seite.

Dass die Schüler überzeugend für

Recht und Gesetz eintreten, macht nicht

zuletzt die Äußerung eines 17-jährigen

Täters deutlich: „Ich fand das Gespräch

mit den Gleichaltrigen sehr positiv. Am

Ende bin ich mir sicher, eine so dumme

Tat nicht wieder zu begehen.“

I

Auf etwas verzichten

Positives Gespräch

fotos: daniel biskup, agentur2

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