SCHON ALS SCHÜLER MACHTE ER MIT SYSTEMATISCHEN BE–
OBACHTUNGEN AN SUMPF- UND WASSERVÖGELN VON
SICH REDEN; HEUTE IST ER EINER DER BEKANNTESTEN TIER–
FILMER, DER FÜR SEIN WERK VIELFACH AUSGEZEICHNET
WURDE. HEINZ SIELMANN, 73, STAMMT AUS DEM RHEIN–
LAND, WUCHS IN OSTPREUSSEN AUF UND LEBT, WENN ER
NICHT GERADE AUF REISEN IST, IN MÜNCHEN.
H
err Sielmann, Sie sind seit Jahr–
zehnten international als her–
ausragender Tierfilmer aner–
kannt. Wie kamen Sie eigentlich zu
Ihrem Beruf?
Es war mir, möchte ich mal sagen, in
die Wiege gelegt. Schon als 6jähri–
ger begeisterten mich die Wunder–
werke der Natur; stundenlang konnte
ich z. B. ein Spinnennetz beobachten,
diese großartige Fanganlage, die
beim ersten Morgentau wie mit Dia–
manten besetzt erscheint. Zu dieser
angeborenen Neigung kam der Um–
stand, daß meine Familie 1924 nach
Ostpreußen zog, das ja mit seinen
Mooren, Flußlandschaften und Wäl–
dern geradezu ein Mekka für die
Naturbeobachtung darstellte. Ent–
scheidend war sicher auch die Be–
gegnung mit Konrad Lorenz, der in
Königsberg über die vergleichende
Verhaltensforschung lehrte und es
wie ein Magier verstand, junge Men–
schen zu begeistern.
Wann traten Sie mit Ihren Arbeiten
erstmals an die Öffentlichkeit?
Bereits als Schüler machte ich exakte
Beobachtungen an Sumpf- und Was–
servögeln und hielt Lichtbildervorträ–
ge bei der Naturkundlichen Gesell–
schaft im Zoologischen Museum in
Königsberg. Und als ich dann mein
Abitur bestanden hatte - ein Wunder
bei meinen vielen außerschulischen
Aktivitäten -schenkte mir mein Vater
eine Filmkamera, obwohl er sich im–
mer gegen die Tierfilmerei ausge–
sprochen hatte; denn er war der fe–
sten Überzeugung, daß man sich da–
mit seinen Lebensunterhalt nicht ver–
dienen könne.
Welche besonderen Fähigkeiten muß
ein guter Tierfilmer besitzen?
Die Grundvoraussetzung, gleichsam
der Motor, ist wohl eine Passion, das
heißt eine tiefe Leidenschaft für alles,
was da kreucht und fleugt. Als zweites
braucht man eine hervorragende
Kondition; wenn ich zum Beispiel
neun Monate in den Regenwäldern
von Papua-Neuguinea drehe, dann
darf mich mein Körper ganz einfach
nicht im Stich lassen. Unabdingbar
sind daneben Einfühlungsvermögen
und eine gewisse Sturheit. Denn um
Tiere wirklich präzise beobachten zu
können, muß man sich mit ihrem Le–
bensrhythmus vertraut machen, muß
ihre Gewohnheiten genau kennen
und nachvollziehen; vor allen Dingen
muß man aber warten können, bis
auch tatsächlich etwas passiert. Ge–
duld ist in meinem Geschäft eine sehr
sehr wichtige Eigenschaft- und gera–
de daran hapert es aber leider in un–
serer Zeit.
Welche Vorüberlegungen sind not–
wendig, wenn Sie einen Tierfilm dre–
hen wollen?
Zunächst muß die wissenschaftliche
Grundlage stimmen, und dann habe
ich natürlich auch mein Publikum vor
Augen - den Schüler, den Wissen–
schaftler oder den Fernsehzuschau–
er. Die Frage "Wie sage ich es mei–
nem Kinde?" ist ganz besonders
wichtig; nur daß das Alter "meiner
Kinder" von 7 bis 70 reicht.
Gibt es ein Patentrezept für den .Er–
folg Ihrer Filme?
Ganz kurz beantwortet: Ich bin sehr
ehrgeizig und bleibe lieber einige
Monate länger, um optimale Einstel–
lungen zu bekommen. Außerdem
drehe ich- ziemlich als einziger- für
Unterricht, Forschung und Fernsehen.
Da bekommt man einen Überblick.
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SCHULE
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