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Fortsetzung von Seite 13

dungen, die Presse, Rundfunk

und Fernsehen verbreiten:

"Die Klassen sind zu groß." ·_

"Schule in Eichelberg wird

aufgelöst." - "Wir brauchen

mehr Lehrer. " - "Lehrer sind

die Arbeitslosen von mor–

gen." Wer die Bewegung der

Woge verstanden hat, weiß:

Diese Widersprüche sind

in Wirklichkeit keine; sie er–

klären .sich aus dem wech–

selnden Blickwinkel auf Wel–

lenberg oder Wellental.

Die Sorgen, die uns die

Flut bescherte, werden sicher

noch übertroffen von den

Problemen der Flaute, die

uns jetzt ins Haus stehen.

Mögen in Neubausiedlungen

noch immer Kindergarten–

plätze fehlen , so mußten an–

dernorts schon

Kindergärten

für immer schließen. Allein

1976 waren es in Bayern 25.

Auch so mancher bestehende

Kindergarten ist inzwischen

nicht mehr voll ausgelastet.

Dort arbeiten viele Gruppen

bereits mit Mini-Besetzung.

Vor allem am Nachmittag ste–

hen Räume leer, halten Er–

zieherinnen vergeblich Aus-

Schullandschaft im Umbruch

AuerUch

630

'

520

Königstein

~180

170

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Edelsfeld

D

Schülerschwund

15 bis 30 Prozent

D

Schülerschwund

31 bis 40 Prozent

Schülerschwund

41 bis 57 Prozent

Schule wird aufgelöst

Vllseck

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Ensdorf

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Das Schemabild zeigt am Belspiel des Landkreises

Amberg-Sulzbach (Opf.) den Schülerschwund in den Grund–

schulen. Bei jedem Ort gibt die obere Zahl den Stand des

Jahres 1975 an, die untere den des Jahres 1981. Nicht

überall wirkt die Ebbe mit gleicher Stärke. Der Rückgang

schwankt zwischen 15 und 57 Prozent. Nur zwei Schulen

müssen geschlossen werden, 23 bleiben bestehen. Voraus–

setzung Ist, daß man auch extrem kleine Klassen in Kauf

nimmt und noHalls einen Lehrer zwei Jahrgänge gemein–

sam unterrichten läßt. Das Ist jedenfalls besser als stunden–

langes Busfahren der Kinder zu weit entfernten

Schulzentren. Leitgedanke: Die Schule Im Dorf Jassen!

schau nach Kindern. Wie lan–

ge können Wohlfahrtsverbän–

de, Staat und Gemeinden da–

für die Kosten tragen?

Es steht schlecht um die

Arbeitsplätze im Kindergar–

ten. über 2000 Erzieherinnen

drängen jährlich nach Ab–

schluß der Fachakademie neu

in den Beruf. Die meisten

von ihnen bemühen sich um

eine Stelle als Kindergärt–

nerin. Aber immer seltener

geht dieser Wunsch in Erfül–

lung. Für Kinderpflegerinnen

aus den Berufsfachschulen

stehen die Aussichten noch

schlechter.

Auch in die

Grundschulen

schlägt schon die Babyflaute.

Seit 1971 sinkt hier die Schü–

lerzahl - allein heuer um

34 000, im nächsten Jahr

schon um 40 000.- Di'e Tal–

sohle wird 1986 erreicht:

Dann gibt es 250 000 Kinder

weniger an Bayerns Grund–

schulen als heute. Das ent–

spricht der Einwohnerzahl

der Städte Regensburg, Bay–

reuth und Passau zusammen.

Die Klassen werden dünn,

so dünn, daß statt zwei oder

drei Parallelklassen pro Jahr–

gang mancherorts nur noch

eine Klasse zusammenkommt.

So dünn, daß Schulen, die

jetzt schon pro Schü lerjah r–

gang nur eine Klasse haben,

um ihre Existenz bangen müs–

sen .

Diese Entwicklung zwingt

zu Maßnahmen, die alle auf

ihre Weise problematisch

sind. Soll man die Schule auf–

lösen? Der Preis wären noch

längere Schulbusfahrten in

noch weiter entfernte Zentren

vielleicht stundenlanges Un–

terwegssein. Wer will das

6jährigen Kindern zumuten?

Soll man die Schule am

Ort erhalten, indem man auf

Jahrgangsklassen

verzichtet

und zum Beispiel Erst- und

Zweitkläßler gemeinsam un–

terrichtet? Aber schaut da

nicht die alte Zwergschule

um die Ecke? Wer den Kurs

dorthin

vermeiden

will,

kommt nicht daran vorbei,

dem Steuerzahler die Finan–

zierung von Miniklassen mit

16 oder gar noch weniger

Kindern aufzubürden.

Während in der Grund–

schule die Probleme der Ba–

byflaute schon drastische For–

men annehmen, kämpfen

Hauptschule, Realschule und

Gymnasium noch mit dem

"Kamm" des · Schülerbergs

aus den geburtenfreudigen

Jahren um 1960. Die vielen

1986 werden es 210 000

weniger sein als heute. Der

Tiefpunkt ist 1990 zu erwar–

ten. Dann wir-tl der heutige

Stand von 540 000 Haupt–

schülern um fast die Hälfte

auf 299 000 · zusammenge–

schmolzen sei .

Aber im Unterschied zu

den Grundschulen ist die Zu–

kunftssorge der Hauptschulen

nicht die vollständige Entv<)l–

kerung. Diese Gefahr droht

kaum, weil die bestehe!Jn

Hauptschulen mit ihren

-

ßen Einzugsgebieten tr tz

Schülerebbe nicht ans Exi–

stenzminimum gedrängt wer–

den. · Aber eine andere

Schwierigkeit taucht auf.

In der Hauptschule wird

jetzt als Ergebnis der Schul–

reform

von

der 7. Klasse an

der Unterricht immer mehr

in Kurse "differenziert". Das

heißt, der Schüler darf sich

Fächer nach Neigung und

Leistung aussuchen. Dieses

System setzt

voraus,

daß an

jeder Hauptschule pro Jahr–

gang mindestens zwei Par–

allelklassen bestehen. Nur

dann finden alle Kurse genü–

gend Teilnehmer.

Künftig werden aber im–

mer weniger Hauptschulen

Parallelklassen

zusammen–

bringen. An solchen

"e~gigen" Schulen ist das

Vß·

ferenzierungsangebot nicht

aufrechtzuerhalten. Die Viel–

falt der Fächerwahlleidet und

damit ist einer der wesentli–

chen Vorzüge der mit riesigen

Kosten durchgeführten Land–

schulreform bedroht.

Auch in den

Gymnasien

wirft die Dünn-Besiedlung

der

Klassenzimmer

ihre

Schatten

voraus.

Schon rük–

ken die ersten geburten–

schwachen Jahrgänge in die

5. Klassen ein . Von hier wan–

dert das Wellental unaufhalt–

sam durch Unter- und Mittel–

stufe, verdünnt nach und

nach die Klassen - in den

achtziger Jahren um durch–

schnittlich 9000 Schüler pro

Jahr! Wenn die 1977 Gebo–

renen zehn Jahre alt sind,

sitzen nur noch 150 000 Gym–

nasiasten in den Klassen 5 bis

10 gegenüber 240 000 heute.

Die Oberstufe der Gymna–

sien spürt die Flaute zuletzt.

Erst 1983 bricht sich auch hier

der Wellenberg.