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1n

"Warum

aller Welt

sollen Frauen keine

handwerklichen

Arbeitslosigkeit betroffen sind. Oder

anders ausgedrückt: Ohne diesen

Entlastungseffekt hätten wir in unse–

rem Land derzeit ca. 5,5 Millionen

Arbeitslose. Sie sehen, die rund 88

Milliarden Mark, die unser Etat für

dieses Jahr ausweist, haben sehr

wohl ihre Berechtigung.

Greifen Ihre Maßnahmen dennoch

zuwenig?

Sie können nur so weit greifen, wie

der Rahmen von politischer und wirt–

schaftlicher Seite gesteckt wird. Ent–

scheidend ist dabei, daß die Kon–

junktur anspringt. Ich betone noch

einmal:

Die

Erstverantwortung

kommt hier der Wirtschaft zu, wir ha–

ben im Grunde genommen nur eine

flankierende Aufgabe, und deren

Umfang hängt wiederum davon ab,

wieviel Geldmittel uns zur Verfügung

gestellt werden.

Wodurch kann der einzelne seine

Chancen auf dem Arbeitsmarkt ver–

bessern?

Er muß vor allem beruflich ständig

auf dem laufenden bleiben. Eine ein–

malige Ausbildung reicht für ein Ar–

beitsleben nicht mehr aus. Denken

Sie nur daran, welche Veränderun–

gen die Elektronik gebracht hat. Ein

Dreher zum Beispiel geht heute mit

computergesteuerten Geräten um,

14 SCHULE

aktuell

Berufe ergreifen?"

was vor 20 Jahren nicht der Fall war.

Diese Kenntnisse aber gilt es zusätz–

lich zu erwerben, sonst hält man dem

Wettbewerb nicht stand. Natürlich

betrifft das in ganz besonderer

Weise auch die Arbeitgeber;

wer da r)icht jedes Jahr dazu–

lernt, dem jagt die Konkur-

renz seinen Marktanteil ab.

Wie stellt sich für die Ju–

gendlichen derzeit die Si–

tuation auf dem Lehrstel-

lenmarkt dar?

Befriedigend in den neuen Bundes–

ländern- wir konnten im letzten Jahr

nahezu alle unterbringen; im Westen

hingegen phänomenal, denn es gibt

mehr Ausbildungsplätze als Bewer–

ber. Allerdings sollte man dabei nicht

übersehen, daß hier den 1,3 Millio–

nen jungen Leuten, die im dualen Sy–

stem, also in Schule und Betrieb, ihre

Ausbildung erhalten, etwa 1,8 Millio–

nen Studierende gegenüberstehen.

Ich kann daher die Träger der dualen

Berufsausbildung nur eindringlich

auffordern, die Attraktivität ihres Sy–

stems zu erhöhen.

Wo sehen Sie da Ansatzpunkte?

Einfach ist das sicher nicht, vor allem

wenn man bedenkt, daß zwei Drittel

unserer Erwerbstätigen in Klein- und

Mittelbetrieben arbeiten. Ich könnte

mir vorstellen, daß durch Zusam–

menschlüsse hier neue Perspektiven

entstehen, und zwar sowohl was die

Ausbildung als auch was spätere

Aufstiegsmöglichkeiten angeht. Da–

neben rate ich den Betrieben, bei ih–

rer Einstellungspraxis nicht nur auf

Abiturienten zu schielen, wie das in

der Zeit der Fall war, als die gebur–

tenstarken Jahrgänge auf den Ar–

beitsmarkt drängten.

Bereitet es Ihnen Sorgen, daß immer

mehr junge Leute ein Hochschulstu–

dium anstreben?

So möchte ich das nicht sagen, es

stellt sich nur die Frage, ob dieser

Weg in jedem Fall sinnvoll ist; vor al–

lem dann, wenn der Umweg über die

Fachhochschule oder die Universität

in einen Arbeitsplatz mündet, den

man durchaus auch im dualen Sy–

stem hätte erreichen können. Ganz

zu schweigen von der finanziellen

Seite; wer unter dem Strich besser

abschneidet, letztlich das höhere Le–

benseinkommen vorzuweisen hat,

das muß man erst einmal sehen.

Wie viele Akademiker verträgt ein

Land wie die Bundesrepublik?

Wer könnte das beantworten? Je klü–

ger eine Gesellschaft, desto höher

der Output, so darf man wohl anneh–

men. Bildung ist Humankapital für

die Zukunft. Volkswirtschaftlich gese–

hen wäre ich persönlich zunächst ein–

mal zufrieden, wenn wir ebensoviel

Studierende hätten wie Auszubilden–

de, also ein Verhältnis von 50:50.

Ist aus Ihrer Sicht in bezug auf das

Studium ein Umdenkprozeß nötig?

Ich denke schon. Zunächst sollten die

Studenten ganz klar darauf hinge–

wiesen werden, wie groß die Chan–

cen in dem einen oder anderen aka–

demischen Beruf tatsächlich sind. Es

ist eine enorme Ressourcenver–

schwendung, wenn man Leute ausbil–

det und sie anschließend mit zusätzli–

chem finanziellen Aufwand für ande–

re Tätigkeiten qualifiziert, weil sie

nach ihrem Studium keine Beschäfti–

gung finden. Gedanken machen

müssen wir uns auch über die Lang–

zeitstudenten, die Leistungsbilanz der

Professoren, die Effizienz der Stu–

diengänge; schließlich handelt es

sich hier um Ausbildungsplätze, die

von der "Solidargemeinschaft Steu–

erzahler" finanziert werden.

Ein ganz anderes Thema - Europa.

Welche Veränderungen wird der Bin–

nenmarkt für den Bereich Arbeit

bringen?

Absolut positive! Unter anderem

mehr Arbeitsplätze. Ob das nun

400000 oder eine Million sein wer–

den, das läßt sich nicht vorhersagen.

Was stimmt Sie da so sicher?

Eine ganz einfache Überlegung!

Durch den Wegfall der Zollgrenzen

wird der Wettbewerb größer, aber

auch der Austausch über die Gren–

zen hinweg. Ein solcher Impuls für die

Arbeitswelt läßt sich in Mark und

Pfennig gar nicht ausdrücken. Ich bin

fest davon überzeugt, daß das ge-