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Der Kampf ums Weiße Haus 2016

und Minderheitenrechte durch die Bundesregierung sowie

eine stärkere Regulierung der Wirtschaft. In den USA

wird diese politische Haltung als

liberal

oder

progressive

bezeichnet. In gesellschaftspolitischen Fragen stehen die

Demokraten für das Recht auf Abtreibung, das Recht auf

gleichgeschlechtliche Eheschließung und mehrheitlich für

strengere Waffengesetze.

Seit jeher sind die Demokraten die Partei der Einwande-

rung; heute setzen sie sich für die Legalisierung der meis-

ten illegalen Einwanderer ein, was ihnen die wachsende

Unterstützung der wichtigen Wählergruppe der

Hispanics

eingebracht hat. Gespalten sind die Demokraten vor allen

in Fragen der Außenpolitik, der wirtschaftlichen Umver-

teilung und der Besteuerung und Regulierung von Ban-

ken und Unternehmen.

Wachsende Polarisierung

Diese politischen bzw. ideologischen Gegensätze haben

sich in den letzten Jahrzehnten stärker herauskristalli-

siert, denn die politische Landschaft ist von zunehmen-

der Polarisierung gekennzeichnet. Das war nicht immer

so. Bis in die 1980er und sogar 1990er Jahre gab es einen

starken moderaten Flügel bei den Republikanern und

einen starken konservativen Flügel bei den Demokraten. 

4

Überhaupt war die Parteidisziplin vergleichsweise gering

und zumindest in einigen Sachfragen gab es pragmatische

4 Diese Flügel gibt es zwar immer noch, aber ihr Einfluss ist drastisch ge-

sunken.

Zusammenarbeit unter Politikern beider Parteien im Kon-

gress und teils auch zwischen einer Kongressmehrheit der

einen und einem Präsidenten der anderen Partei. 

5

Seit der Präsidentschaft von George W. Bush hingegen

ist die Polarisierung zwischen den Parteien gewachsen.

Die unmittelbare Reaktion auf die Terroranschläge vom

11. September 2001 basierte noch auf einem überpar-

teilichen Konsens, doch der Irakkrieg von 2003 und die

Steuersenkungen der Regierung Bush vertieften die par-

teipolitischen Konflikte. Unter Barack Obama, der eigent-

lich angetreten war die politischen und gesellschaftlichen

Gräben zuzuschütten, beschleunigte sich die Polarisierung

weiter. Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat,

Mitch McConnell, erklärte es 2010 zum wichtigsten Ziel

seiner Partei, Obama eine zweite Amtszeit zu verwehren. 

6

Die Wiederwahl gewann Obama zwar 2012, doch dank

einer Mehrheit im Repräsentantenhaus seit 2011 und im

Senat seit 2015 blockierten die Republikaner Obamas

legislative Agenda nahezu vollständig.

Heutzutage steht der konservativste Demokrat immer

noch deutlich „links“ des moderatesten Republikaners.

Dies ist der Abschluss einer langfristigen Entwicklung:

Ursprünglich waren die Demokraten noch die konserva-

tive, die Republikaner die progressive Partei; dies wandelte

sich im Laufe des 20. Jahrhunderts. Außerdem ist diese

Entwicklung einem deutlichen Rechtsruck der Republika-

ner geschuldet. Seit den 1960er Jahren mehrt sich bei den

Republikanern der Einfluss der radikal Konservativen, die

der Bundesregierung als Reforminstanz stark feindlich

eingestellt sind und politische Kompromisse als Ausver-

kauf von Prinzipien verstehen. Der Erfolg des

Tea-Party-

movement

seit 2009 ist der Höhepunkt dieser Tendenz

und hat auch vormals moderatere Republikaner weiter

nach rechts getrieben. 

7

Wählergruppen

Die beiden Parteien unterscheiden sich auch stark bezüg-

lich der Bevölkerungsgruppen, bei denen sie Unterstüt-

zung finden. Die Republikaner sind vor allem bei wei-

5 Als Beispiele können hier die Reform der Sozialhilfe unter Bill Clinton bei

einer Kongressmehrheit der Republikaner gelten oder auch die Reform

der Wahlkampffinanzierung durch die Initiative des Republikaners John

McCain und des Demokraten Russ Feingold.

6 Vgl. https://www.washingtonpost.com/blogs/fact-checker/post/when-did-

mcconnell-say-he-wanted-to-make-obama-a-one-term-president/

2012/09/24/79fd5cd8-0696-11e2-afff-d6c7f20a83bf_blog.html [Stand:

20.06.2016].

7 Auch bei den Demokraten lässt sich ein Linksruck feststellen, wenngleich

nicht so ausgeprägt wie der Rechtsruck bei den Republikanern.

US-Präsident Barack Obama und Vizepräsident Joe Biden am Ort des Massakers

in einem Nachtclub der LGBT-Community in Orlando, Florida

Foto: ullstein bild – Reuters/CARLOS BARRIA