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Einsichten und Perspektiven 2 | 16

kanische Politik, denn damit sind überproportional jene

beteiligt, die besonders starke und damit meist ideologi-

schere politische Ansichten haben. Die Wählerschaft bei

den Vorwahlen ist bei den Demokraten deutlich linker

als der Durchschnitt – was auch den beachtlichen Erfolg

des demokratischen Sozialisten Bernie Sanders erklärt.

Bei den Republikanern sind streng konservative und

rechtspopulistische Wähler bei den Vorwahlen stärker als

in der Gesamtpartei; dies erklärt die Erfolge des erzkon-

servativen

Tea Party movement

und auch den von Donald

Trump. Der basisdemokratische Charakter der amerika-

nischen Parteien trägt somit entscheidend zur politischen

Polarisierung bei.

Die Präsidentschaftskandidaten stellt das vor ein schwie-

riges Dilemma: Um nominiert zu werden, müssen sie die

radikaleren Ansprüche der Parteibasis bei den Vorwahlen

bedienen, aber die eigentliche Präsidentschaftswahl wird

meist in der politischen Mitte gewonnen. So mancher

Kandidat scheitert letztlich an dieser Verrenkung: 2012

rückte der eigentlich moderate Republikaner Mitt Rom-

ney bei den Vorwahlen so weit nach rechts, dass er keinen

glaubwürdigen Weg zurück in die politische Mitte fand

und letztlich unterlag.

Running Mate: Die Auswahl von Vizepräsidentschafts-

kandidaten

Eine der wichtigsten Aufgaben der Präsidentschaftskandi-

daten ist die Auswahl eines

running mate

, eines Kandida-

ten für die Vizepräsidentschaft. Offiziell liegt die Entschei-

dung beim Parteitag, de facto suchen die voraussichtlichen

Präsidentschaftskandidaten sich einen Partner aus. Der

running mate

muss den Präsidentschaftskandidaten poli-

tisch abrunden, also Eigenschaften haben, die der Kandi-

dat selbst nicht hat. Hier spielen Zugehörigkeit zu einem

anderen Parteiflügel, regionale Herkunft, Geschlecht und

Ethnizität eine Rolle, aber auch persönliche Sympathie.

So wählte Obama als

running mate

Joe Biden, einen älte-

ren, politisch moderaten und außenpolitisch erfahrenen

weißen Mann von der Ostküste aus, der sein enger Ver-

bündeter und politisch schlagkräftiger Vertreter wurde.

Wichtig ist bei der Auswahl auch das

vetting

, also die

genaue Überprüfung von Vergangenheit und Charak-

ter der potentiellen

running mates

, denn kein Präsident-

schaftskandidat möchte böse Überraschungen erleben.

Das funktioniert manchmal besser, manchmal schlechter.

2008 war Sarah Palin eigentliche eine gute Ergänzung für

den Republikaner John McCain: weiblich, konservativ,

populistisch, religiös. Doch Palins loses Mundwerk und

mangelnde Sachkenntnis stellten sich eher als Nachteil für

McCain heraus. In der jüngeren Vergangenheit war der

running mate

auch nie der schärfste Mitbewerber um die

Nominierung – zu groß ist die Gefahr, dass der Vizepräsi-

dent sich dann als den eigentlichenWahlsieger präsentiert.

Obama machte Hillary Clinton zu seiner Außenministe-

rin, nicht zu seiner Vizepräsidentin. Ebenso wird Clinton

wohl kaum Bernie Sanders zum

running mate

küren.

51 Wahlen: Das System der Präsidentschaftswahl in

den USA

Das Vorwahlsystem ist der wohl komplizierteste Aspekt

der Präsidentschaftswahlen in den USA. Aber auch die

general election

, also die eigentliche Präsidentschaftswahl,

hat einige ungewohnte Aspekte.

Das Electoral College

Der amerikanische Präsident wird vom Volk gewählt,

jedoch nicht direkt, sondern über den Umweg eines „Wahl-

männerkollegiums,“ des

electoral college. 

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Der Grund dafür

ist der zutiefst föderale Charakter der Vereinigten Staaten.

Effektiv gibt es nicht eine gesamtnationale Präsidentschafts-

wahl, sondern 51 einzelne Präsidentschaftswahlen: jeweils

eine in den 50 Bundesstaaten und eine in der Bundes-

hauptstadt Washington, D.C. Der Wahltag ist allerdings

zentral in der Verfassung geregelt und fällt 2016 auf den

8. November.

16 Zum electoral college mit seinen Funktionen und Eigenheiten s. Maisel

(wie Anm. 2), S. 10–16.

Donald Trump bei der Bekanntgabe seiner Kandidatur für den US-Präsident-

schaftswahlkampf im Trump Tower, New York City, 16. Juni 2015

Foto: ullstein bild – snapshot-photography/Future Image /Van Tine