Magazin Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 1/14) - page 8

40 Prozent für eine größere Autonomie, 38 Prozent für die
Vereinigung mit Russland und 10 Prozent für die Unab-
hängigkeit der Halbinsel. Die Beibehaltung des bis Februar
2014 bestehenden Status quo wollte nur eine kleine Min-
derheit.
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Die Ukraine unterWiktor Janukowitsch
Die neue Führung zögerte ihr Wahlversprechen hinaus,
dem Russischen einen offiziellen Status zu ermöglichen.
Russisch ist im staatlich finanzierten Bildungssystem der
Ukraine faktisch nur noch im Fremdsprachenunterricht
präsent (Grafik 2).
2012 beschloss das ukrainische Parlament, dass die
Regionen selbst entscheiden konnten, ob sie neben dem
Ukrainischen eine weitere Amtssprache zulassen wollten.
Dies führte zu schweren innenpolitischen Konflikten, da ei-
ne entschlossene Minderheit die regionale Gleichstellung
entschieden ablehnte.
Außenpolitisch ähnelte die Lage derjenigen im Jah-
re 2003: Sowohl Brüssel als auch Moskau warben um die
Ukraine. Beide waren jedoch weit entschlossener als zuvor.
Russland wollte den Beitritt zur 2010 gegründeten Zolluni-
on (die auch Kasachstan und Weißrussland umfasst) mit
Gaspreiserleichterungen und den Aussichten auf eine in-
tensivere Industriekooperation schmackhaft machen. Die
5 Vgl.
[Stand: 16. März 2014], s. auch:
/
2014/03/vladimir_putin_s_phony_war_in_crimea_the_russian_president_s_invasion_of.2.html [Stand: 16. März 2014].
6 Ukraine-Analysen 119, S. 4, Angaben von Veronika Movchan,
=../ ukraine/
archiv.html [Stand: 16. März 2014].
Zur Lage der Ukraine zwischen Ost und West: Strukturen und aktuelle Entwicklungen
Einsichten und Perspektiven 1 | 14
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EU lockte mit einem Beitritt zum weltweit größten Zoll-
verbund sowie einer intensiven Unterstützung bei Refor-
men. Sowohl die Ost- als auch die Westorientierung fanden
etwa gleich viele Unterstützer (Grafik 3). Im Westen und
der Mitte des Landes überwogen die Befürworter eines
Westkurses, im Süden und Osten diejenigen, die eine An-
näherung an Russland präferierten (Grafik 4).
Die Ukraine sandte freundliche Signale in Richtung
Russland aus, die in mehrere Abkommen mündeten, insbe-
sondere über die Verlängerung des Pachtvertrags mit Russ-
land über den Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflot-
te in Sewastopol bis 2042. Ansonsten wäre dieser 2017 aus-
gelaufen. Zugleich wurde jedoch die Kooperation mit der
EU und sogar mit der NATO intensiviert. Russland und die
EU blieben die wichtigsten Handelspartner der Ukraine.
Der Anteil der EU wies jedoch seit 2003 eine leicht fallen-
de Tendenz auf und betrug 2012 unter 30 Prozent, während
der Anteil Russlands darüber lag.
6
Herbst 2013: Die Ukraine vor der Entschei-
dung
Russland ging im Sommer 2013 dazu über, die Einfuhr
ukrainischer Güter zu behindern. Kiew sollte deutlich vor
Augen geführt werden, dass die bisherige Freizügigkeit im
wechselseitigen Handelsaustausch beendet werde, falls sich
Grafik 2: Umfrage in der Ukraine 2012: „Sollte der Staat dafür sorgen, dass russischsprachige Bürger
der Ukraine die Möglichkeit haben, ihren Kindern eine russischsprachige Schulbildung zukommen zu
lassen?“
Keine Antwort
0,2%
schwer zu sagen
5,2%
Nein, er muss nicht dafür
sorgen
13,7%
Er muss in der gesamten
Ukraine dafür sorgen
35,6%
Er muss nur in den Regionen
defür sorgen, in denen die
Mehrheit der Bevölkerung
das wünscht, aber nicht in
der gesamten Ukraine
45,3%
Quelle: repräsentative Umfrage des KIIS vom 23.5. bis 1.6.2012,
in: Ukraineanalysen 106, S. 17, s.
lysen.de/index.php?topic=ukraine&url=../ukraine/archiv.html [Stand: 16. März 2014]
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