Magazin Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 1/14) - page 19

Bulgarien
Einsichten und Perspektiven 1 | 14
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3 Vgl. „Kolonne 5 antwortet nicht“
antwortet-nicht-12188757.html [Stand: 14. März 2014] und „Eine Minderheit in der Minderheit“,
/
integration/664907/Eine-Minderheit-in-der-Minderheit [Stand: 14. März 2014].
4 Vgl.
/ [Stand: 14. März 2014].
5 Vgl.
[Stand: 14. März 2014] und
[Stand: 14. März
2014].
Minderheiten in Bulgarien
Die Bulgaren stellen offiziell 85 Prozent der Bevölke-
rung. Größte Minderheit sind die Türken mit ca. 9 Pro-
zent. Die Zahl der Roma ist schwer zu schätzen, da vie-
le bei Volkszählungen aus Angst vor Diskriminierung
ihre Herkunft verschweigen. Offiziell handelt es sich um
etwa fünf Prozent der Bevölkerung, andere Schätzun-
gen gehen von bis zu zehn Prozent aus. Außerdem gibt
es noch ca. 100.000–200.000 bulgarisch sprechende
Muslime, sog. Pomaken.
3
Regierungssystem
Die 240 Abgeordneten des heutigen bulgarischen Par-
laments werden nach demVerhältniswahlrecht gewählt.
Bulgarien ist ein Einheitsstaat, in dem es nur eine be-
grenzte Selbstverwaltung auf kommunaler Ebene gibt.
Der Präsident ist Oberhaupt des Staates, hat ein Veto-
recht bei Gesetzen und führt den Oberbefehl über die
Streitkräfte. Die eigentliche Regierungsgewalt liegt je-
doch bei dem Ministerpräsidenten und dem Kabinett.
4
heiten. Schiwkow ließ diese Erhebungen blutig niederschla-
gen, im Sommer 1989 flüchteten ca. 300.000 bulgarische
Türken in die Türkei.
Die Entwicklung Bulgariens nach 1989: politische
Instabilität, wirtschaftliche Krisen
In Bulgarien begann der „Völkerfrühling“ zögerlicher als in
anderen Ländern des Ostblocks. Erst im Oktober/Novem-
ber 1989 kam es – vor allem anlässlich eines in Bulgarien
stattfindenden KSZE-Forums - zu größeren Demonstratio-
nen gegen das Regime und das Machtmonopol der Kom-
munistischen Partei (KP). Am 10. November wurde Schiw-
kow durch einen Putsch im bulgarischen Politbüro gestürzt
(sogenannte „Palastrevolution“). Peter Mladenow löste ihn
als Parteichef und Präsident ab. Eine anwachsende, durch
unterschiedliche Gruppierungen getragene Demonstrati-
onswelle zeigte allerdings, dass das bulgarische Volk nicht
nur einen personellen Wechsel innerhalb des Regimes, son-
dern tiefer greifende Reformen des Staates im Sinne einer
Demokratisierung anstrebte. Schon 1990 kam es zu ersten
freien Wahlen, die allerdings die Sozialistische Partei (BSB)
als Nachfolgepartei der KP – schon allein aufgrund ihrer
besseren logistischen Ausstattung – für sich entscheiden
konnte. Ein Jahr später konnten zwar oppositionelle Par-
teien erstmals die Wahlen gewinnen, doch die Sozialistische
Partei dominierte die bulgarische Politik bis 1997. 1990 hat-
te sie zwar denMarxismus als Ideologie aufgegeben und Re-
formen eingeleitet, der Transformationsprozess verlief aber
nur schleppend. In diesen Jahren erlebte das Land – noch
stärker als andere ehemalige Ostblockstaaten – dramatische
wirtschaftliche Einbrüche (drastische Exportrückgänge
durch mangelnde Konkurrenzfähigkeit; instransparente
Strukturen; Korruption etc.), die 1996/97 zu einer schweren
Wirtschaftskrise führten. Bulgarien war Jahrhunderte lang
ein rein landwirtschaftlich geprägtes Land gewesen. Erst in
der kommunistischen Zeit kam es zu einem nennenswerten
Industrialisierungschub. In Bereichen wie dem Maschinen-
bau oder der Elektro- wie Lebensmittelindustrie spielten
dabei Exporte in die „sozialistischen Bruderländer“ eine
entscheidende Rolle. Mit dem Kollaps der kommunisti-
schen Staatengemeinschaft war diese Form der Außenwirt-
schaft nicht mehr marktfähig. Wie in allen postkommunis-
tischen Transformationsstaaten hatte Bulgarien in der Fol-
ge mit sehr hoher Arbeitslosigkeit und der Auflösung des
Parteien
Stärkste Partei seit den Wahlen 2009 ist „GERB“.
„GERB“* ist konservativ, mit populistischenTendenzen,
und hat sich den Kampf gegen die in Bulgarien aus-
ufernde Korruption und Kriminalität auf die Fahnen ge-
schrieben. Die Sozialisten (SDS) sind zweitstärkste Par-
tei und stellten seit der Wende 1989 mehrfach den Re-
gierungschef. Die Partei der türkischenMinderheit, DPS,
hat ihre Wählerschaft nicht nur unter den Türken, son-
dern auch den Roma Bulgariens. „Ataka“ hingegen ist
eine ultranationalistische und rechtsradikale Partei, die
insbesondere die Rechte der Minderheiten beschränken
will.
5
*steht für „Bürger für eine europäische Entscheidung Bulgariens“
bisherigen Sozial- und Rentensystems zu kämpfen. Viele
Bulgarinnen und Bulgaren lebten nun in Freiheit, die zu-
nächst aber für viele verschärfte Armut und Existenzverlust
bedeutete.
Es dauerte bis 1997, bis oppositionelle Kräfte in
Bulgarien soweit erstarkt waren, um sich bei Wahlen durch-
zusetzen. ImApril konnte die Union Demokratischer Kräf-
te (SDS) bei den Parlamentswahlen die absolute Mehrheit
erringen. Unter Ministerpräsident Kostow wurden wirt-
schaftliche Reformen und die Privatisierung der Staatsbe-
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