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aviso 1 | 2018

SKIZZE UND IDEE

COLLOQUIUM

Dr. Angelika Dreyer

promovierte über den Freskenmaler

Joseph Mages (1728-1769) und die katholische Aufklärung im

Bistum Augsburg. Seit 2015 forscht sie für das Corpus

der barocken Deckenmalerei in Deutschland, einem Projekt im

Akademienprogramm der Union der deutschen Akademien

der Wissenschaften, betreut von der Bayerischen Akademie

der Wissenschaften, in der Arbeitsstelle am Institut

für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität

München.

Zum Weiterlesen:

Manfred Koller: Wandmalerei der Neuzeit, in: Reclams Hand-

buch der künstlerischen Techniken, Bd. 2, Stuttgart 1990,

S. 213-398.

Bruno Bushart: Die deutsche Ölskizze des 18. Jahrhunderts

als autonomes Kunstwerk, in: Münchner Jahrbuch der bilden-

den Kunst, Bd. 15 (1964), S. 145-176.

Nicht nur für Sammler waren solche Ölskizzen von Interesse,

auch die Kunstausstellungen der Akademien begehrten sie

als Gaben, um den Ruhm der örtlichen Bildungsanstalt zu

heben. Selbst in zeitgenössischen Kunstzeitschriften wird

über besonders gelungene Exemplare berichtet. Das in die-

sen Skizzen ausgeprägte Primat der künstlerischen Invention

veranlasste den Venezianer Sebastiano Ricci 1731 sogar dazu,

ein ausgeführtes Altarbild als Kopie, den Entwurf hingegen

als Original zu bezeichnen.

n der Werkstatt der Freskanten wiederum bildete der

Fundus an Entwürfen ein wesentliches Fundament

ihrer Arbeit. Paul Troger vermachte daher seine Ent-

würfe schon früh in einem »Donations=Instrument«,

einer Schenkung imTodesfall, an seine Gattin und ver-

setzte diese damit in die Lage, seine Werkstatt nach seinem

Ableben eigenständig mit Gehilfen fortführen zu können.

Auch schätzte Troger den tatsächlichen Wert seiner Inven-

tion entsprechend hoch ein, was sich in seiner überlieferten

Weigerung zeigt, seinen potenziellen Auftraggebern für den

Brixener Dom einen Entwurf vor Vertragsabschluss vorzule-

gen. So berichtet der Hofrat Leopold Peißer als Mitglied der

Brixener Dombaudeputation in seinem Diarium: »Schizzo

zaige er kainen, ehe er nit die Parolla und Gewißheit habe«.

Als Begründung Trogers, demPeißer trotzdemwienerischen

Hochmut attestiert, führte er dessen Furcht an, man möge

seine Invention von einem günstigerenMaler ausführen lassen.

Für die Witwe von Franz Anton Maulbertsch (1724-1796)

wiederum erwiesen sich die letzten Skizzen ihres Gatten für

die Bischofskirche in Steinamanger/Szombathely in Ungarn

als Glücksfall für ihre finanzielle Absicherung, konnte sie

diese doch zu einem horrenden Preis an den Auftraggeber

verkaufen. Für Bischof Szily war deren Erwerb die einzige

noch verbleibende Möglichkeit, die Freskenausstattung im

Sinne Maulbertschs von dessen langjährigemWerkstattmit-

glied Joseph Winterhalder (1743-1807) umsetzen zu lassen.

Durch die im 18. Jahrhundert einsetzende Sammeltätigkeit

ist heute eine Vielzahl der unterschiedlichsten Entwurfs-

stadien von Freskomalerei erhalten. Besonders reichhaltige

Sammlungen finden sich im Bayerischen Nationalmuseum

in München oder im Schäzlerpalais in Augsburg.

zugestanden, seinen Entwurf zu kopieren. Glücklicherweise

haben sich beide Entwürfe bis heute in denMuseen von Nürn-

berg und Augsburg erhalten.

»Die Skizze spricht unmittelbar zum Geiste, besticht und entzückt«

Dieses von Johann Wolfgang von Goethe geäußerte Urteil

kann auch auf die gehobene Bedeutung der Ölskizzen ab der

Mitte des 18. Jahrhunderts bezogen werden. DerenWertschät-

zung als autonome Kunstwerke kam gerade den Freskanten,

die ihre Arbeiten auf dem Gerüst nur in den Sommermona-

ten ausführen konnten, als willkommenes Zusatzgeschäft

undWinterarbeit sehr entgegen. Von JohannMartin Schmidt

(1718-1801), genannt Kremser Schmidt, haben sich von einer

Ölskizze meist mehrere, kaum voneinander abweichende

Fassungen erhalten. Der unter anderem in den Schlössern

Augustusburg in Brühl, Ludwigsburg und Ansbach tätige

Oberitaliener Carlo Innozenz Carlone (1686-1775) hinterließ

sogar nicht weniger als 500

bozzetti

, viele davon entstanden

vermutlich ohne direkten Auftrag.

© Weißenhorn, Heimatmuseum | Augsburg, Deutsche Barockgalerie