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aviso 1 | 2018

SKIZZE UND IDEE

COLLOQUIUM

liturgisches Vorrecht, welches allein dem Bischof zukommt

und für die Ausführung korrigiert werden musste. Im Ge-

gensatz zu den von Asams Gehilfen ausgeführten und in der

Figurenbildung eher gedrungenen Wandfeldern im Freisin-

ger Dom zeugt die eigenhändige Skizze mit ihrer weiträumig

angelegten Komposition und ihrem äußert konzentrierten

Narrativ von Asams künstlerischem Vermögen. Die grau

lavierte Federzeichnung führt mit ihrer gezielten Lichtfüh-

rung geschickt zu der demütig vor demPapst knienden Figur

des hl. Korbinian. Sein schmerzlich zur Seite geneigter Kopf

bringt die verantwortungsvolle Schwere des ihmnun aufgebür-

deten Bischofsamtes zur Anschauung, während die mit dem

Lavierpinsel eingedunkelten Repoussoirfiguren der Würden-

träger am rechten Bildrand dazu einen geschickten Kontrast

bilden.

bozzetto, modello, ricordo

– Die Vielfalt der Entwürfe

Die vielfältigen technischenMittel wie etwa Feder- oder Pin-

selzeichnung, Graphitstift, Tusche, Eisengallustine, Bister,

Rötel, Kohle oder Kreide erlaubten das Erzielen ganz un-

terschiedlicher Effekte. So konnten Kohle und Kreidestrich

schwere und breite Linien hervorrufen, während eine feine

Federspitze zu einem zarten und luftigen Erscheinungsbild

führte. Oft setzten die Maler abschließende, mit Weiß gehöhte,

helle Lichtreflexe auf die Zeichnung, was insbesondere bei der

Verwendung von blauem Papier eine große Wirkung erzielte.

Entwürfe halten unterschiedliche Stadien innerhalb des Werk-

prozesses fest, die begrifflich unterschieden werden. Sie rei-

chen von ersten flüchtigen Gedankenskizzen, den

pensieri

,

bis hin zum detailliert und oft farblich ausgearbeiteten Prä-

sentationsmodell, dem

modello

. Dessen primäres Ziel war es,

das Auge eines potenziellen Auftraggebers zu umwerben und

zur Vergabe eines Auftrages zu bewegen. Das detailliert aus-

gearbeitete Modell entsprach bereits dem später auszufüh-

renden Deckengemälde und ist in den erhaltenen Kontrakten

zwischen Auftraggebern und Künstlern vielfach als verbind-

liche Vorlage festgelegt. Keine Einigkeit herrschte imBarock

hingegen in Bezug auf die Technik, in der ein Modell ausge-

führt werden sollte. Deshalb subsumiert man unter dem Be-

griff des

modello

ausgearbeitete Ölskizzen ebenso wie Zeich-

nungen auf Papier, die teilweise farbig aquarelliert wurden.

Allerdings kann hier eine zeitliche Entwicklung festgestellt

werden: Im späten 17. Jahrhundert waren farbige Entwürfe

noch äußerst selten. Doch bereits die nachfolgende Generation

von Cosmas Damian Asam und Johann Georg Bergmüller

(1688-1762) verstand es, die malerischeWirkung von farbigen

Papieren, die geschickte Verteilung von Licht und Schatten

durch gezielte Lavierungen undWeißhöhungen und den Ein-

satz von Aquarellfarbe zur Präsentation der hellen Farbigkeit

von Freskenmalerei zu nutzen.

uch das hier abgebildete Ausführungsmodell

von Johann Baptist Enderle (1725-1798) für die

Augustinerkirche in Lauingen a.d. Donau von

1791 ist ein Beispiel für dieses Verfahren. Das

Blatt zeigt die Huldigung der Kirche durch Personifikationen

der vier damals bekannten Erdteile Afrika, Europa, Amerika

und Asien und ist in ein gleichmäßiges Quadratraster unter-

teilt. Diese bereits von dem Kunst- und Architekturtheoreti-

ker Leon Battista Alberti (1404-1472) empfohlene Übertra-

gungshilfe war ein häufig unverzichtbares Hilfsmittel für die

großflächige und in der Nahsicht auf demGerüst oft unüber-

sichtliche Arbeit an der Decke.

Obwohl der farbig kolorierte Entwurf auf Papier zahlreiche

Vorteile bot und sich nicht zuletzt aufgrund des leichtgewich-

tigen Papiers gut rollen und transportieren ließ, wurde er um

die Mitte des 18. Jahrhunderts immer mehr von sogenannten

bozzetti

abgelöst, Ölskizzen, die in ihrer flüchtigeren Ausar-

beitung oftmals eine Vorform des Modells darstellten. Im

Gegensatz zu den vielschichtig aufgebauten Ölgemälden

fertigte man diese Form des Entwurfs ohne tieferliegende

Untermalung an und trug die Farbe sofort

alla prima

auf die

Leinwand auf. Der italienische Begriff

bozzetto

für die mit

Leinölfarben auf Holztafeln oder Leinwänden aufgetragenen

Ölskizzen leitet sich von

abbozzo

, der farbig angelegten Kom-

position, ab. Der Ölskizze ist ein spontaner Charakter eigen, er

vermittelt einen Eindruck von der angestrebten Farbwirkung

und der Verteilung des Lichtes. Nur einzelne, für den Sinnzu-

sammenhang wichtige Figuren sind hier genauer ausformuliert,

während Nebenszenen vage imHintergrund verschwimmen

können. Gerade dieser flüchtige, unvollendete Eindruck ent-

sprach der im Zeitalter des Barock sehr geschätzten Quali-

tät des

fa presto

, dem schnellen Erfassen von wirkungsvollen

Erfindungen durch die ungewöhnliche Inventionsgabe des

ingegno

eines Künstlers. Deshalb entwickelten sich die Ölskiz-

zen insbesondere in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts

zu beliebten Sammelobjekten, die man zeitweise sogar, wie

imGrazer Nachlassinventar des Grafen Ignaz Maria Attems

(1733), als eigenständige Kunstobjekte schätzte.

Ein ungewöhnliches und besonders anschauliches Präsen-

tationsmodell hat sich aus der Hand von Matthäus Günther

(1705-1788) imSchlossmuseumEllwangen erhalten. Es handelt

sich um ein dreidimensionales Modell einer Kuppel aus Gips.

Auf der Innenseite des maßstäblich verkleinerten Modells

links

Das Schlossmuseum Ellwangen besitzt ein dreidimensionales

Modell einer Kuppel aus Gips von Matthäus Günther.