Table of Contents Table of Contents
Previous Page  13 / 33 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 13 / 33 Next Page
Page Background

Interview mit Andrea Blendinger,

Staatliche Schulpsychologin und Landeskoordinatorin KIBBS

Warum sind Sie in der Corona-Krise aktiv

geworden?

Normalerweise bieten wir von KIBBS

Schulen Unterstützung in einem gravieren-

den Krisenfall vor Ort an. Dies war in Zeiten

der Schulschließung ja leider nicht möglich.

Aber wir waren uns sicher: Die psychosozi-

ale Unterstützung, die wir sonst an einer

Schule leisten, und unser Knowhow, das

können wir jetzt allen zur Verfügung stel-

len. Eine besonders wichtige Zielgruppe

sind dabei die Eltern, damit sie in dieser Kri-

sensituation ihre Kinder zuhause gut unter-

stützen können.

Wie können Eltern mit den Kindern um-

gehen, wenn diese in einer Krisensituati-

on Stresssymptome zeigen?

Zunächst kann es für Eltern beruhigend

sein, zu wissen: Stresssymptome zu zeigen

ist in einer solchen Krisensituation natür-

lich. Wichtig ist, gut zu beobachten: Wie

geht’s unseremKind? Wie geht’s uns als Fa-

milie? In Kontakt zu bleiben, mit demKind

zu reden, wenn es das möchte, und so her-

auszufinden: Wo genau liegt das Problem?

Was fehlt? Wovor hat das Kind Angst? … Und

dann kann man gemeinsam überlegen, was

es braucht und was es vielleicht auch selbst

tun kann.

Wie erklärt man einem Kind die aktuelle

schwierige Situation?

Wenn überall darüber gesprochen wird, ist

es auch richtig, demKind die Wahrheit zu

sagen. Das sollte aber in kindgerechter

Form passieren. Helfen können dabei zum

Beispiel auch Erklärvideos für Kinder. Und

man sollte keine Angst schüren, sondern

auch erklären, was getan wird, um die Situ-

ation zu verbessern: Wir sind jetzt öfter zu-

hause und halten Hygienemaßnahmen ein,

um uns und andere Menschen zu schützen.

Oft sind für Kinder die fehlenden sozialen

Kontakte ein Problem. Wie kann man die-

se trotzdem aufrechterhalten?

Es gibt da mittlerweile viele Möglichkeiten,

per Telefon oder Videokonferenz übers In-

ternet. Vielleicht kann man mal wieder ei-

nen Brief schreiben. Eine Familie hat mir

erzählt, sie verbinden den gemeinsamen

Spaziergang mit dem Einwerfen von Brie-

fen bei den Freundinnen der Tochter. Das

ist natürlich eine schöneMöglichkeit, um

Kontakt zu halten.

Warum ist ein geregelter Tagesablauf be-

sonders wichtig?

Trotz der ungewöhnlichen Situation sollte

man eine gewisse Normalität aufrechterhal-

ten: Struktur gibt Sicherheit! Eine feste Zeit

zumAufstehen, ein gemeinsames Früh-

stück zumBeispiel. Die beste Zeit für das

„Lernen zuhause“ ist aus meiner Sicht der

Vormittag. Da sind Kinder amfittesten, wenn

sie noch nicht so viele andere Dinge gefor-

dert haben. Natürlich kann das auch anders

gelingen, wenn die Familiensituation es er-

fordert. Hilfreich ist es dann, vor demStart

eine Erholungsphase einzuplanen.

Gibt es eine Anlaufstelle in der Krisensi-

tuation?

Es ist gut, wenn die Eltern und Schüler mit

den Lehrkräften in Kontakt bleiben. Zudem

gibt es für jede Schule eine zuständige Be-

ratungslehrkraft und einen Schulpsycholo-

gen, die erreichbar sind. Darüber hinaus

stehen natürlich die Staatlichen Schulbe-

ratungsstellen mit ihren Ansprechpart-

nern zur Verfügung.

| jf

Andrea Blendinger koordiniert gemeinsam

mit ihrer Kollegin Doris Engelmann den

Einsatz des KIBBS-Teams in Bayern

Lernen in Zeiten der Corona-Krise

 | Schule & wir | 13

KIBBS

(Kriseninterventions- und

-bewältigungsteam bayeri-

scher Schulpsychologinnen

und Schulpsychologen)

Mitglieder bei KIBBS sind Schul-

psychologen, die eine Fortbil-

dung in psychosozialer Notfall­

hilfe haben. Sie unterstützen

Schulen, Schulleitungen und

Lehrkräfte, wenn es gravierende

Krisen an einer Schule gibt. Sie

beraten dann die Schulleitung

im Krisen-Management-Prozess,

also geben Handlungsempfeh­

lungen ab, und sind ansprechbar

auch für Eltern und Schüler.

Jeder Regierungsbezirk hat ein

KIBBS-Team.

www.kibbs.de