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Eigentlich

te haben - denken Sie nur an

die Sitzplätze in den öffentli–

chen Verkehrsmitteln?

gefällig sein will . Auf der anderen Seite finde ich es schon

in Ordnung, daß es z. B. Bestimmungen gibt, die Behin–

derten helfen, überhaupt einen Arbeitsplatz zu finden .

Gerade das ist ja nicht immer leicht. Was mich aber per-

.sönlich im Alltag ein wenig stört, ist die Mitleidstour.

Könnten Sie das näher erläutern?

Ich hab' schon erlebt, daß mir jemand auf dem Christ–

kindlmarkt eine Tafel Schokolade geschenkt hat, nur weil

ich im Rollstuhl saß und meine kleine Tochter auf dem

Schoß hatte. Ich möchte den Leuten gar nicht den guten

Willen absprechen, aber so etwas ist halt doch Ausdruck

dafür, daß man den Behinderten als arm und krank an–

sieht. Gegen echtes Mitleid habe ich nichts; ich empfinde

selber auch für manche Menschen Mitleid.

Stört Sie eigentlich der Begriff "behindert"?

Ja, der stört mich. Viele setzen nämlich behindert mit hilf–

los gleich - und das bin ich nicht. Wenn jemand sich den

Arm bricht, dann ist der vielleicht hilfloser als ich. Und

was heißt denn schon behindert sein? Eigentlich ist doch

jeder irgendwie behindert. Der eine kommt mit techni–

schen Errungenschaften nicht klar, ein anderer wird mit

seinen eigenen Problemen nicht fertig. Dabei läßt sich der

Grad der Behinderung nur sehr schwer beurteilen. Der

Behindertenausweis kann hier sicher nicht der alleinige

Maßstab sein.

Finden Sie es

richti~,

daß Behinderte bestimmte Vorrech-

16 SCHULE

aktuell

"

istdoch

jeder

irgendwie

behindert. ·

' '

Es gibt wohl Leute, die auf

diese Vergünstigungen sehr

angewiesen sind, und ich ver–

stehe auch, daß sie dann ihr

Recht einfordern. Ich selber

bin Gott sei Dank in der

glücklichen Lage, daß ich auf

derartige Vorrechte weitge–

hend verzichten kann. Das

heißt, ich poche zum Beispiel

nicht darauf, daß ein wider–

rechtlich besetzter Behindertenparkplatz geräumt wird,

wenn ich in der Nähe eine andere Parkmöglichkeit finde.

Ich muß aber zugeben, daß die Behindertenparkplätze

schon eine große Erleichterung darstellen, einfach weil

man beim Ein- und Aussteigen mehr Platz hat. Anderer–

seits gebe ich auch nicht

klein bei, nur weil ich im

Rollstuhl sitze. Gelegent–

lich muß man sogar um

sein Recht kämpfen.

Leben wir in einer behin–

dertenfein·dlichen Welt?

Ich glaube nicht, daß wir in

emer behindertenfeindli–

chen Welt leben, aber w ir

haben manchmal mit der

Gedankenlosigkeit unserer

Mitmenschen zu kämpfen,

etwa mit der der Archi–

tekten. Da wird von behin-

dertengerechtem

Bauen

' '

Gelegentlich

mußman

sogar um

sein Recht

kämpfen.

' '

gesprochen, und dann findet man am Haupteingang

eines öffentlichen Gebäudes eine Drehtür, die für einen

Rollstuhlfahrer ein unüberwindbares Hindernis darstellt.

So etwas begegnet einem sogar bei Neubauten- und das

ist doch eine Schande! Der Verweis auf den Hinterein–

gang ist da sicher keine Lösung. Übrigens habe ich das

Gefühl, daß in dieser Hinsicht in den USA oder in Kanada

mehr Rücksicht auf Behinderte genommen wird. Geeig–

nete Toiletten oder Aufzüge z. B. findet man dort nahezu

in allen größeren öffentlichen Gebäuden.

Hat sich Ihrer Meinung nach das Verhältnis der Nichtbe–

hinderten zu den Behinderten in den letzten Jahren ver-

ändert?

Ja, ich glaub' schon. Man hat zum Teil gelernt, mit Behin–

derten umzugehen, was aber vor allem auch dadurch be–

dingt ist, daß die Behinderten von sich aus mehr am ge–

sellschaftlichen Leben teilnehmen. M it Sicherheit hat hier–

zu auch der Sport beigetragen.

Sie erkrankten im Alter von zwölf Jahren an Kinderläh–

mung und sind seitdem an den Rollstuhl gefesselt. Was

hat Ihnen geholfen, damit fertigzuwerden?