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te aller mittleren Schulabschlüsse in

Bayern an der Realschule erworben,

34 Prozent dagegen an einer beruf–

lichen Schule. Zur fachgebundenen

bzw. allgemeinen Hochschulreife ge–

langte im gleichen Jahr mehr als ein

Drittel aller Absolventen über andere

Wege als das Gymnasium.

Im Prinzip gibt es zwei Möglichkei–

ten, über eine Lehre im Anschluss an

die Hauptschule die mittlere Reife zu

erreichen, wie die folgenden - als

Beispiele angeführten - Lebensläufe

zeigen:

Gutes Berufsschulzeugnis

Der Hauptschüler X, nennen wir ihn

Max, hat nach neun Jahren seine Volks–

schulpflicht erfüllt. Weil er sich beim

Betriebspraktikum in einer Kfz-Werk–

statt recht geschickt anstellte, bekam

er dort nach dem Schulabschluss eine

Lehrstelle. Die Arbeit macht ihm Spaß,

in der Berufsschule blüht er auf, ent–

deckt seine Liebe zum Englischen, das

hier als Wahlkurs angeboten wird .

Auch in den anderen Fächern legt er

sich nun mächtig ins Zeug; schließlich

will er seinem Betrieb keine Schande

machen . Wenn er nun im Abschluss–

zeugnis der Berufsschule einen Durch–

schnitt von mindestens 2,5 erreicht,

die Prüfung vor der Handwerkskam–

mer besteht und mindestens befriedi–

gende Englischkenntn isse nachweist,

wird ihm der mittlere Schulabschluss

zuerkannt.

Guter Berufsabschluss

Hauptschülerin Evelyn dagegen ge–

hörte zum oberen Leistungsdrittel ihrer

Klasse. Den Quali bestand sie mit Bra–

vour, in Englisch konnte sie eine glatte

Eins vorweisen . Schon als Kind war

sie fasziniert vom Duft der großen

weiten Welt und auch jetzt träumt sie

noch manchmal davon, auf einem

Kreuzfahrtschiff anzuheuern . Anderer–

seits ist ihr natürlich klar, dass an ei–

ner soliden Berufsausbildung ·kein

Weg vorbeiführt. Nach einem Termin

bei der Berufsberatung steht für sie

fest: Speditionskauffrau, das wäre ge–

nau das Richtige. Jetzt muss Evelyn in

der Abschlussprüfung bei der Indus–

trie- und Handelskammer nur noch ei–

nen Durchschnitt von mindestens 2,5

erzielen - die Noten im Berufsschul–

zeugnis spielen keine Rolle, und Eng–

lischkenntnisse hat sie ja schon im

Quali nachgewiesen - , und sie hat

die mittlere Reife in der Tasche .

Für den Bildungsweg, den Max ein–

geschlagen hat, existiert keine eigene

Bezeichnung ; Evelyns Variante dage–

gen nennt sich 'Quabi', die Abkür–

zung für 'qualifizierter beruflicher Bil–

dungsabschluss' und nicht zu ver–

wechseln mit der Voraussetzung, die

man für seinen Erwerb mitbringen

muss, nämlich den 'Quali ', also den

qualifizierenden Hauptschulabschluss.

Das Zeugnis über den Quabi wird

von der Hauptschule ausgestellt, wäh–

rend Max sein Zeugnis über den mitt–

leren Schulabschluss von der Berufs–

schule erhält.

Würde sich Max nun aber statt für

den Kfz-Mechaniker beispielsweise für

den Beruf des Holzbildhauers ent-

scheiden, verliefe die Ausbildung nicht

dual, d .h. eine Lehre im Betrieb plus

Berufsschule, sondern er würde die

Berufsfachschule besuchen . Dort um–

fasst der Unterricht sowohl die allge–

mein bildenden und die berufsbezo–

genen Fächer als auch die praktische

Berufsausbi ldung . Sein Zeugnis über

den mittleren Schulabschluss bekäme

er dann von dieser Schule ausgestellt.

Für welchen Ausbildungsberuf man

sich nun auch entscheidet, eines sollte

man wissen: Die Ausbildung muss,

egal ob dual oder über eine Berufs–

fachschule, mindestens zwei Jahre

dauern. Falls die besuchte Berufsfach–

schule nicht selbst eine Abschlussprü–

fung durchführt, gilt übrigens entspre–

chend der Durchschnitt im Jahres–

zeugnis der letzten Jahrgangsstufe;

außerdem muss die Berufsabschluss–

prüfung bestanden sein .

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Man sollte darauf hinweisen, dass

es sich bei den Fremdsprachenkennt–

nissen, die wir in diesem Zusammen–

hang verlangen, grundsätzlich um

Englisch handelt", betont Ministerial–

rat Thomas Sachsenröder, im Kultusmi–

nisterium zuständig für Fragen des

mittleren Schulabschlusses an berufli–

chen Schulen.

11

lch bekomme näml ich

immer wieder Anfragen, ob man nicht

auch Griechisch, Türkisch oder Rus–

sisch als Fremdsprache gelten lassen

kann . Hier sind mir die Hände gebun–

den; die Festlegung auf Englisch sieht

das Bayerische Erziehungs- und Un–

terrichtsgesetz vor, ist doch Englisch in

der Berufs- und Arbeitswelt mit Ab–

stand die wichtigste Fremdsprache."

Nachweisen kann man die

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mindes–

tens befriedigenden Englischkenntnis–

se", wie sie das Gesetz verlangt, ent–

weder im Abschlusszeugnis der Haupt–

schule oder der Berufsschule bzw. Be–

rufsfachschule. In rund fünfzig Ausbil–

dungsberufen sei Englisch übrigens

mittlerweile Pflichtfach, so Thomas

Sachsenröder. Ansonsten genüge je–

doch auch eine Drei im Wahlfach.

Fachschule

Neben dem Weg, den Max und

Evelyn einschlagen, g ibt es eine dritte

Möglichkeit, über eine Berufsausbil–

dung an die mittlere Reife zu gelan–

gen , und zwar durch den Besuch ei–

ner Fachschule im Anschluss an

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