EINBILDERBOGEN
AUSDERBAYERISCHEN
HEIMAT
Fortsetzung von Seite 21
So wie Frau Merk! konnte
man 1982 viele Lehrer in Ober–
bayern an recht ungewöhnli–
chen Plätzen und bei Arbeiten
beobachten , die mit Schule
oder Unterricht auf den ersten
Blick überhaupt nichts zu tun
haben .
Nach Dienstschluß schlüpf–
ten sie in den Overall , zogen –
Gummi- oder Bergstiefel an ,
packten Werkzeuge ein, mach–
ten sich mit Spaten und Schau–
fel auf den Weg. Oft lagen im
Rucksack Tonband und Mikro–
fon, eine Kamera, Landkarten,
Malgeräte und Zeichenutensi–
lien.
Ziele dieses ungewöhnlichen
Außendienstes waren verwitter–
te Bildstöcke, Eisenbahnbrük–
ken, Burgruinen, Steinbrüche,
Flußbänke, Feldgehölze, no–
stalgische Sägemühlen. Aber
auch den hypermodernen Indu–
strieanlagen , Kirchen, Kranken-.
häusern , Kasernen und kom–
munalen Verwaltungsbauten
ga lt das Interesse.
Ein ganzes Jahr lang notier–
ten , fotografierten , dokumen–
tierten und katalogisierten. über
2000 Lehrer in unzähligen Frei–
zeitstunden alles Wissenswerte
über Oberbayerns Landkrei se
und Heimatbezirke.
in Wort, Bild und Ton hielten
sie fest, was Böden und Ge–
steinsarten, Siedlungs- und ln–
dustriegeschichte,
Pflanzen–
und Tierwelt, Sagen und Legen–
den, Wappen und Haustypen ,
Marterln und Mariensäulen uns
zu erzählen haben . Liebevoll
beschrieben und mit Handskiz–
zen erläutert werden Trachten,
Tänze, bäuerliche und bürgerli–
che Feste.
Auf über 50 000 Seiten DIN
A4, abgeheftet in 128 Akten–
ordnern entstand aus dieser
Fleißarbeit zuletzt ein Kompen–
dium der Heimatlandschaft,
das in der Bundesrepublik nicht
seinesgleichen hat.
Die Erklärung seltener Flur–
und Straßennamen ist hier
ebenso zu finden wie die Erin–
nerung an alten Abergl auben ,
an Kriegsereignisse und Natur-
22
katastrophen . Die riesige Stoff–
sammlung gibt Aufschluß über
bemerkenswerte
Gebäude,
über den Sinn von Gedenkstät–
ten , den Bestand an geschütz–
ten Pflanzen und die vom Aus–
sterben bedrohte Tierwelt.
Aber nicht nur Natur und Ge–
schichte kommen zu Wort. Ak–
tuelle Fragen der örtl ichen
Wirtschaft und Berufsstruktur
werden ebenso behandelt wie
die gemeindliche Selbstverwal–
tung, Feuerwehr, Kindergarten,
Krankenhaus, Sozialstationen
und Altenheime. Kurzum : Die–
se von den Lehrern erstellte
Heimatdokumentation hat's in
sich . Sie steckt voll Informatio–
nen aus Vergangenheit und Ge–
genwart.
Besonders
schätzenswert:
Bei aller Genauigkeit und do–
kumen tari'scher Sorgfalt ist das
Sammelwerk doch weit entfernt
von umständlicher Gelehrsam–
keit. Im Gegenteil: Das Mate–
rial ist mit Bildern, Skizzen , Fo–
tos, Zeichnungen , Karten, Ar–
beitsblättern reich iIlustriert,
mit Quellentexten und vielen
Tafelbildern für den Unterricht
aufbereitet.
Was die Lehrer da buchstäb–
lich in Handarbeit Stück für
Stück zusammentrugen , ist
nicht nur eine beispiellose Hei–
matbibliothek. Es ist vor allem
eine fast unerschöpfliche Fund–
grube für Schule und Unter–
richt. Fächer wie Geschichte,
Erdkunde und Biologie finden
hier eine reiche Beispielsamm–
lung aus dem unmittelbaren
Umkreis der Kinder. Bei jedem
Wandertag oder Beobachtungs–
gang stehen ihnen alle Themen
" live" vor Augen .
Besonders wertvoll , ja unver–
zichtbar ist die Dokumentation
selbstverständlich für den Hei–
mat- und Sachkundeunterricht
der Grundschule. Damit berüh–
ren wir auch das eigendiche
Motiv, warum es überhaupt zur
Idee, zur Planung und schließ–
liehen Ausarbeitung des Sam-
melwerks kam .
·
An so manchem Schulort
kämpfte nämlich bisher die
Heimatkunde mit einem eigen-
Ortstermin im Obstg11rten
Auch alte Rezepte zur Baumpflege sind
ein Stück Heimatkunde. Schwester M. Talida
sammelte sie bei Bauern in Le
lwiegespriith mit Zeitzeugen
Die Generation der Großväter ist ein lebendiges Lexikon.
Alt-Bürgermeister Taubenberger erzählt von Holzhandel und
Hochwasser im lsarwinkel. Lehrer Weinhuber schreibt mit.