Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 91

91
Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
Autos anzünde, vielleicht hört mir dann jemand zu. Aber das ist eigentlich schon ziemlich krass,
und ich selber würde so was auch nicht machen, weil ich eher sag’: Ja, es muss ein friedliches
Mittel geben, um das zu erreichen, was ich erreichen will. Andererseits, eine klare Grenze gibt’s
dann, wenn man Personen verletzt werden.“ (w)
5.5.1 Gewalt(handeln) als Mittel im Rahmen von gesellschaftlichem bzw. politischem En-
gagement und Protest
Wo beginnt Gewalt? Gibt es legitime und illegitime Gewalt? Welches Verhältnis haben die Befragten
zu Gewalt als Mittel im Rahmen von gesellschaftlichem bzw. politischem Engagement und Protest?
Gewalt und Nicht-Gewalt.
Was als Gewalt verstanden wird und wann Gewalt anfängt wird von den
Befragten unterschiedlich gesehen. Sachbeschädigung etc. wird nicht unbedingt als Gewalt betrach-
tet wie der folgende Interviewausschnitt zeigt. Dabei wird auch noch einmal unterschieden, ob Sa-
chen zerstört oder nur verändert werden. Der Interviewausschnitt zeigt auch die Akzeptanz von
Sachgewalt. Sie wird zwar nicht gutgeheißen, wird jedoch als legitimes Mittel betrachtet, wenn der
Einsatz zielgerichtet ist.
„A: Irgendwie brennende Autos oder so ist natürlich auch grenzwertig oder so. Aber es jetzt ir-
gendwie, ja … Ich mein’, Graffiti ist ja auch irgendwo Sachbeschädigung. Also würd’ ich jetzt
nicht als Gewalt gegen Sachen … Ist ja auch immer eine Frage, ob man Sachen verändert oder
ob sie kaputt gemacht werden. Also … Und da würd’ ich jetzt auch nicht sagen, dass man – also
ich weiß nicht, es wär’ schon sehr, sehr, wie soll man sagen … Ich glaub’, man kann da … Also
an und für sich ist es schlecht, Gewalt gegen Sachen oder so, aber von da ist es schon eher so:
Der Zweck heiligt die Mittel, würd’ ich da schon eher sagen. Also kann vorkommen, würd’ ich
sagen.“ (m)
Problematische Gewalt beginnt für die meisten bei der Beschädigung der körperlichen Integrität ei-
nes Menschen. Verbale Gewalt wird nicht unbedingt problematisch gesehen.
„A: Und Gewalt beginnt eigentlich bei mir, wenn’s handgreiflich wird oder so. Ich find’, verbale
Gewalt, mei … Ich weiß nicht … Es gibt sicher Leute, die anders denken, aber ich bin jetzt nicht
jemand, den das groß trifft, wenn jemand mich beschimpft oder so. Deswegen … Da reagiert
natürlich jeder anders drauf. Aber Gewalt, ja, beginnt eigentlich bei handgreiflichen Situatio-
nen, wo es dem einen wehtut oder so.“ (m)
Andere messen Gewalt an der Legalität und unterscheiden noch verschiedene Stufen der Gewalt.
Gewalt beginnt dort, wo Regeln missachtet bzw. überschritten werden. Unterschieden wird zwischen
Formen des Widerstands und körperlicher Gewalt.
„A: Also Gewalt geht halt für mich los, wenn man halt irgendwas macht, was halt nicht – also
eine Demo muss ja immer erlaubt werden, und wenn man halt – und da gibt’s ja auch be-
stimmte Regeln, und wenn man die halt missachtet, dann ist man nicht gewalttätig, würd’ ich
sagen, aber man widersetzt sich auf jeden Fall erst mal. Was ja schon erste Anzeichen von Ge-
walt sind. Und natürlich kann man da so eine gewisse, ja, Signifikanzstufe jetzt einrichten: Ja,
1...,81,82,83,84,85,86,87,88,89,90 92,93,94,95,96,97,98,99,100,101,...126
Powered by FlippingBook