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Einsichten und Perspektiven 1 | 17

Zur Diskussion gestellt: CETA

die Konsumenten weitergeben. (iii) Durch niedrigere fixe

Handelskosten sollte die Produktvielfalt steigen, was wie-

derum den Konsumenten zu Gute kommt.

CETA wird aber auch zu Handelsumlenkung führen:

Wenn Importe aus Kanada in der EU relativ günstiger

werden, dann werden Importe aus den Mitgliedsstaaten

und aus Drittländern möglicherweise verdrängt. Außer-

dem kommt es zum Verlust von Zolleinnahmen. Diese

Effekte werden in dem im Folgenden dargestellten Simu-

lationsmodell des ifo-Institutes mit den positiven Ein-

flüssen verrechnet. Der Text des CETA-Abkommens ist

außerordentlich komplex. Die Vielzahl von Bestimmun-

gen können nur annäherungsweise in einem Simulati-

onsmodell umgesetzt werden. Während Informationen

über Zölle vorliegen, sind die ökonomischen Effekte

regulatorischer Reform sehr viel schwerer zu quantifizie-

ren. Der Ansatz des ifo-Institutes besteht hier darin, mit

historischen Daten die Effekte tiefer bereits existierender

Abkommen auf 32 Sektoren ökonometrisch zu messen,

und diese Ergebnisse für die Definition des Szenarios zu

verwenden. Es wird also angenommen, dass CETA so

wirkt wie der Durchschnitt vergleichbarer Abkommen.

Zu diesen zählen unter anderen das nordamerikanische

Freihandelsabkommen NAFTA, die Europäische Frei-

handelszone EFTA, die Abkommen der EU und der USA

mit Korea oder Israel oder einzelnen südamerikanischen

Staaten (z.B. Chile), und natürlich die EU selbst. Dieses

Szenario wird in einem modernen quantitativen Handels-

modell mit circa 130 Staaten umgesetzt.

19

Simulationsergebnisse: CETA und reale Prokopfein-

kommen

Die ifo-Simulationsstudie zeigt, dass das Prokopfeinkom-

men (das BIP pro Kopf ) Kanadas durch CETA um etwa

drei Prozent steigen könnte. Dies bedeutet etwa 1.060 US-

Dollar (konstante 2005 US-Dollar) mehr für jeden Ein-

wohner Kanadas.

20

In der EU fallen die Effekte deutlich

geringer aus. Im Durchschnitt würde das reale Einkom-

men um etwa 0,22 Prozent ansteigen.

21

Das entspricht

pro EU-Bürger im Schnitt etwa 60 US-Dollar mehr Real-

einkommen. Der erwartete Effekt auf die einzelnen EU-

19 Konkret handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Modelle von Ea-

ton und Kortum und Caliendo und Parro (wie Anm. 1). Die grundsätzliche

Methodik der so genannten „

New Quantitative Trade Theory

“ wird in Cos-

tinot und Rodriguez-Clare (wie Anm. 1) näher beschrieben.

20 Grundlage für die Berechnung ist das Pro-Kopf-Realeinkommen des Jah-

res 2007 aus den PWT 8.0.

21 Zur Durchschnittsbildung werden BIP-Gewichte verwendet.

Länder wird in Abb. 7 dargestellt.

22

Für Deutschland wird

ein Anstieg von 0,19 Prozent oder ein Zuwachs des Real-

einkommens pro Kopf von 63 US-Dollar prognostiziert.

Belgien, Österreich, Großbritannien, Slowenien, Irland

und Luxemburg profitieren über EU-Durchschnitt. Für

die südeuropäischen Länder Spanien, Griechenland und

Portugal, aber auch für einige mittel- und osteuropäische

Länder wie Rumänien, die Slowakische Republik und

auch Polen werden hingegen kaum positive Impulse von

CETA erwartet.

Zur Interpretation der Zahlen sei darauf hingewiesen,

dass es sich um langfristige Niveaueffekte handelt. Das

heißt, bis sie vollständig realisiert sind, vergehen circa zehn

Jahre. Doch dann ist das Prokopfeinkommen permanent

um den berechneten Prozentsatz höher (oder niedriger),

als wenn es CETA nicht gäbe. Außerdem ist wichtig zu

verstehen, dass es sich um

ceteris-paribus

-Effekte handelt,

d.h. es wird von der Annahme ausgegangen, dass sich

außer CETA nichts ändert, um den Effekt des Abkom-

mens sauber zu isolieren.

Auf globaler Ebene steigt durch CETA das reale Durch-

schnittseinkommen um circa 0,15 Prozent an. Die durch

CETA entstehenden Wachstumsimpulse in Kanada und

der EU schieben kleine positive Impulse in den Nachbar-

staaten der EU und Kanada an. Auf der anderen Seite ent-

stehen leichte negative Effekte für China und Südostasien

sowie Mexiko.

Ein CETA, das nicht über die Abschaffung von Zöllen

hinausgeht, brächte nach diesen Annahmen keine wahr-

nehmbaren Wohlfahrtsveränderungen, vgl. Tab. 4. In

Deutschland käme es zu einem leichten Plus von 0,01 Pro-

zent, im Durchschnitt der EU länge der Effekt nur noch

0,005 Prozent. Kanada würde durch ein solches Abkommen

sogar leicht verlieren [−0,03 Prozent], weil es auf Zollein-

nahmen aus den Importen aus der EU verzichten müsste.

Für ein „seichtes“ CETA mit weniger tiefgreifender

Abschaffung von nicht-tarifären Handelshemmnissen

wird immerhin noch ein Anstieg des kanadischen realen

Einkommens von etwa zwei Prozent erwartet. Für die EU

wiederum wird ein geringfügiger Anstieg des Realeinkom-

mens von 0,15 Prozent erwartet.

22 Eine gemeinsame Studie der EU-Kommission und der Regierung von Ka-

nada (EU Kommission und Kanada, 2008) findet kleinere Effekte: +0,09

Prozent für die EU; +0,77 Prozent für Kanada. In dieser Studie wurde

ein anderes Modell und andere Szenarien verwendet. Die Methodik wird

in Aichele und Felbermayr (2014, wie Anm. 2; Quelle: UNCTAD FDI/TNC)

ausführlich am Beispiel des TTIP beschrieben.