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Der „Emigrantenstein“ von 1796: steinernes Zeugnis europäischer Geschichte

Einsichten und Perspektiven 1 | 16

Würzburg und Ansbach nach Bayreuth, wo er sich 1796,

dem Jahr der Entstehung des Denkmals, aufgehalten hat.

Doch Chamisso war zu diesem Zeitpunkt erst fünfzehn

Jahre alt, so dass er als Autor wohl ausscheidet. 

5

Ein weiterer Anhaltspunkt für die Recherche nach dem

Autor ergibt sich aus der örtlichen Nähe des Denkmals

zu Schloß Fantaisie. Es ist bekannt, dass im Schloss Fan-

taisie viele französische Adelige eine „Freystatt“ gefunden

haben. WilhelmWühr hat 1938 mit seiner grundlegenden

Arbeit „Die Emigranten der Französischen Revolution im

bayerischen und fränkischen Kreis“ die Namen von 4.600

französischen Emigranten erfasst, die im rechtsrheini-

schen Bayern aktenkundig wurden. 

6

Unter Nr. 4405 des

5 Das spätere verdienstvolle Wirken Chamissos, der als „früher Europäer“

bezeichnet wird, würdigt die Berliner Staatsbibliothek im Frühjahr 2016

in der Ausstellung „Weltreise. Forster. Humboldt. Chamisso. Ottinger“.

6 Wilhelm Wühr: Die Emigranten der Französischen Revolution im baye-

rischen und fränkischen Kreis; mit dem Verzeichnis aller im Gebiet des

rechtsrheinischen Bayerns festgestellten Emigranten, in: Schriftenreihe

zur Bayerischen Landesgeschichte, Bd. 27, München 1938.

Namensverzeichnisses („Prosopographie“) ist „Graf de

Vargement, Comte, Hauptmann, Condéer“ aufgeführt,

der sich 1792 als erster französischer Emigrant im Gefolge

des Herzogs Friedrich Eugen von Württemberg in Schloß

Fantaisie niedergelassen hat. Unter den Personen aus der

Glanzzeit des Schlosses erwähnt der Förderverein Schloß

Fantaisie auf seiner Internetseite einen Grafen Warge-

ment und dokumentiert dessen Engagement zur Ver-

schönerung des Schlossparks. Graf Wargement hat 1793

für die Wohltäterin seiner Familie, die Herzogin Sophia

Dorothea eine Dankesstele im Schloßpark errichten las-

sen. Der exakte Nachweis, dass Graf Wargement (Varge-

ment) auch Urheber und Autor des „Emigrantensteins“

ist, muss noch geführt werden.

Abzuwarten bleibt, ob syrische Emigranten dereinst ein

dem „Emigrantenstein“ vergleichbares Denkmal schaffen

werden.

Lithografie von Heinrich Stelzner, um 1850/60: Fernansicht auf den Park von Fantaisie, mit dem Schloss ganz im Hintergrund. Das Schloss wurde um 1850

umgebaut und entspricht nicht mehr der historischen Façon der Zeitgenossen.

Abbildung: Historisches Museum Bayreuth