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„Mein Job ist es Interessenkonflikte zu moderieren.“
Einsichten und Perspektiven 1 | 16
LZ:
Wie sind Sie zur Kunst gekommen?
Lilienthal:
Als 14-Jähriger habe ich angefangen ins Theater
zu gehen. Die Schaubühne war für mich in West-Berlin
eine Art der Ausbruchsmöglichkeit.
LZ:
Welche Künstler haben Sie damals am meisten beein-
flusst?
Lilienthal:
Zu Beginn Peter Stein und Klaus-Michael
Gröber, im Studium Jürgen Gosch und später Frank Cas-
torf. Dann war ich plötzlich mittendrin.
LZ:
Als was für eine Art Künstler verstehen Sie sich selbst?
Als Provokateur?
Lilienthal:
Ich verstehe mich überhaupt nicht als Künst-
ler, sondern als jemand, der künstlerisch arbeitenden
Menschen den Rücken freihält und der versucht Kunst an
verschiedenen Punkten zusammenzuführen. Also eher als
„Booker“, der Konzerte bucht und dergleichen. Von „Kunst
machen“ und Subjektivität würde ich das erstmal trennen.
Der künstlerische Zugang hat immer mit einer gewissen
Subjektivität zu tun und mein Job ist es gerade Interessens-
konflikte objektiv zu moderieren. In dem Punkt bin ich
tatsächlich auch eher politischer Bildner als Künstler.
LZ:
Welche Rolle kann das Theater in der politischen Bil-
dungsarbeit spielen?
Lilienthal:
Es greift immer wieder gesellschaftliche The-
men auf. Der
„Open Border Kongress“
und das Thema
Flüchtlinge sind die besten Beispiele. Auch Arbeiten der
Gruppe Rimini Protokoll ist absolut zugänglich für Schü-
ler ab der 9. Klasse. In der Zukunft gilt es, Integrations-
projekte zu initiieren und die Jugendarbeit am Theater
deutlich auszubauen. Wir haben dafür bei uns eine neue
Stelle geschaffen. Das Theater kann und soll gerade jetzt
Diskussionsforum sein.
LZ:
Wie elitär ist Theater heute?
Lilienthal:
Ich würde das Theater nicht als elitär bezeich-
nen, aber es spricht sicher eher den Mittelstand an und
ist in den Münchner Kammerspielen momentan eine Art
Vollversammlung des links-liberalen Bürgertums. „Der
Kaufmann von Venedig“ hat beispielsweise einen intel-
lektuellen Zugriff, wohingegen andere Produktionen, wie
„Rocco und seine Brüder“ oder Rimini Protokoll, sehr di-
rekt zugänglich sind.
Open Borders!-
Eröffnungsrede von Ousmane Diarra
Foto: Andrea Huber