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Der „Emigrantenstein“ von 1796: steinernes Zeugnis europäischer Geschichte

Einsichten und Perspektiven 1 | 16

Die aktuellen Flüchtlingsströme nach Europa stellen zu

Beginn des 21. Jahrhunderts Politik und Gesellschaft vor

enorme Herausforderungen. Das Grundgesetz verbürgt

den Schutz des Asylrechts. Die aktuellen europäischen

und nationalen Normen sind mit den Dimensionen dieser

Völkerwanderung des 21. Jahrhunderts und den daraus

resultierenden Verpflichtungen zu humanitärer Hilfe nur

schwer zu vereinbaren.

Dass humanitäre Hilfe für Asylsuchende keine Selbst-

verständlichkeit ist und war, daran erinnert der „Emigran-

tenstein“ aus dem Jahr 1796 in der Nähe des Schlossparks

Fantaisie in Eckersdorf – Donndorf bei Bayreuth. Der

„Emigrantenstein“ ist unter vielen Aspekten ein herausra-

gendes Unikat der Denkmal- und Erinnerungskultur. Mit

einer Inschrift auf einem Naturfelsen in freier Landschaft

dankt ein „französischer Ausgewanderter“ dem preußi-

schen König Friedrich Wilhelm II. (1744–1797) und sei-

nem Minister Carl August von Hardenberg (1750–1822)

für das ihm und seinen Landsleuten großzügig gewährte

Asyl im heutigen Oberfranken. Trotz seiner Einmalig-

keit ist dieses außerordentliche Zeugnis europäischer

Geschichte wenig bekannt. Recherchen zu diesem Denk-

mal zeigen exemplarisch auf, dass „politisches Lernen am

historischen Ort“ über die Lokalgeschichte hinaus zu poli-

tischen, sozialen und kulturellen Aspekten von Migrati-

onsbewegungen führt, die heute hochaktuell sind.

Beim „Emigrantenstein“ handelt es sich um einen

Sandsteinfelsen von acht Metern Länge, sechs Metern

Breite und einer Höhe von vier Metern. Die Kurzbe-

schreibung enthält zur eingemeißelten Inschrift lediglich

den Hinweis auf „französische Auswanderer“ und die Jah-

reszahl „1796“.

Eine Recherche im Denkmalatlas des Bayerischen Lan-

desamts für Denkmalpflege (BLfD) zeigt: Nicht jedes

Denkmal ist zugleich ein Baudenkmal im Sinne des Bay-

erischen Denkmalschutzgesetzes. In der Liste der Bau-

denkmäler für Donndorf/Eckersdorf ist der „Emigran-

tenstein“ mit der Kennziffer D-4-72-131-14 jedoch als

solches eingetragen. Die besondere Bedeutung des „Emi-

grantensteins“ wurde jedoch zunächst nicht erkannt; viele

Ausschnitt aus der Geotopkartierung des Landesamts für Umwelt mit Bild und Karte

Karte: Geotop-Kartierung, vgl.

http://www.lfu.bayern.de/download/geotoprecherche/472r031