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Marionetten sind Kunstwerke: Die ausdrucksstarken Gesichter, die stilvollen

Gewänder

stammen von Schülern.

PUPPENSPIEL

LEBENAUS

ZWEITER

HAND

U

nfähig sich selbst zu bewegen,

stecken sie voller Leben. An neun

Fäden geführt und einem fremden

Willen gehorsam, sprühen die

Marionetten trotzdem vor Eigensinn und

Lebensfreude. Als bärbeißiger, grober

Klotz oder als zarte, schüchterne Schön–

heit, als schlagfertiger Kasperl oder als

schnauzbärtiger Polizist tanzen auch

Stabpuppen und Handfiguren über die

kleinen Spielbühnen vieler bayerischer

Schulhäuser. In der Realschule Rehau,

der Volksschule Stadtbergen, der Münch–

ner Sonderschule an der Kirchenstraße

und am Gymnasium Vilsbiburg- um nur

einige zu nennen- erwecken Schüler–

hände Figuren aus Holz und Pappe zum

Leben, lenken ihr Geschick durch auf–

regende Abenteuer.

Doch auch Marionetten tanzen nicht

ohne weiteres nachjedermanns Pfeife.

"Bei der ersten Probe gab es viel Ge–

lächter", erzählt Harald S. vom Gymna–

sium Grafing, "mein schwergewichtiger

Prinz fiel mir aus meinen vor Anstren–

gung zitternden Händen und war wie die

Fliege im Spinnennetz in seinen eigenen

Fäden gefangen." Die Puppenführer

müssen geduldig proben, bis ihnen end–

lich die Figuren wie lebendige Wesen

gehorchen.

Das eigentliche Spiel steht am End

einer langen Kette von Vorbereitungen:

Zuerst wählen die Schüler Stücke aus,

entwerfen, formen und bekleiden Pup–

pen, malen Bühnenbilder, bauen Kulissen

und Beleuchtungsanlagen. Lehrer für

Kunsterziehung, für Musik, für Techni–

sches Werken oder die Handarbeits–

lehrerin geben fachmännischen Rat und

Anleitungen. So nimmt an den Plänen der

Puppenspielertruppe die ganze Schule

teil und die Aufführungen werden zum

Fest für Schüler, Lehrer und Eltern.

Die Schulleiter sehen das Treiben

der Puppenspieler mit Freude. Nicht nur

weil die Schule öffentlich genannt wird

und ihr Ansehen steigt. Das zeitraubende

Hobby bringt auch den Schülern Ge–

winn: Sie üben das Sprechen, trainieren

die Fingerfertigkeit, schulen Phantasie

und Geschmack, ihr Einfühlungsver–

mögen wächst. Mancher gehemmte

Schüler findet im Schutz der Bühnen–

wand als unsichtbarer Lenker des

Marionetten-Schicksals den Lebensmut,

der ihm vorher fehlte.

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