Was sind aus Ihrer Sicht die zentra–
len Probleme bei der Eingliederung
von Schülern aus der DDR?
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Die Probleme liegen nicht im Orga–
nisatorischen; denn gemessen an
der Gesamtzahl bayerischer Schüler
konnten diese wenigen tausend Kin–
der aus der DDR ohne Schwierigkei–
ten in die bestehenden Schulen auf–
genommen werden. Probleme gibt
es aber durchaus im pädagogischen
Bereich, und zwar für die Schüler; in
·der DDR waren sie an einen eher
autoritär gestalteten Unterricht ge–
wöhnt, der mehr auf das "Nachbe–
ten" des Stoffes als auf das selbstän–
dige Arbeiten ausgerichtet war. Vor
allem gibt es natürlich Schwierigkei–
ten beim Fremdsprachenunterricht,
da in der DDR meist nur Russisch als
Fremdsprache angeboten wird.
Könnten Sie unseren Leserinnen und
Lesern kurz die Unterschiede zwi–
schen dem Schulsystem in der DDR
und dem in Bayern erläutern?
-
Im Gegensatz zu unserem geglie–
derten Schulsystem kennt die DDR
nur die im wesentlichen undifferen–
zierte Polytechnische Oberschule
mit den Jahrgangsstufen
1-10.
Dar–
auf baut die Erweiterte Polytechni–
sche Oberschule mit den Jahrgangs–
stufen
11
und
12
auf; sie führt zum
Abitur.
Welche Maßnahmen hat das Kultus–
ministerium getroffen, um die Ein–
gliederung der Schüler aus der DDR
zu erleichtern?
••••••••
Im Fremdsprachenunterricht räumen
die Schulen gewisse Nachholfristen
ein, und auch in den anderen Fächern
gibt es die Möglichkeit, daß vorüber–
gehend auf eine Benotung verzichtet
wird. Anstelle von Englisch kann dem
Schüler an der Realschule und am
Gymnasium für bestimmte Jahr–
gangsstufen die Fremdsprache Rus–
sisch genehmigt werden. Den qualifi–
zierenden Hauptschulabschluß kann
man ohnehin ohne Englisch ablegen.
Schließlich werden die Schüler aus
der DDR, wenn es sich als notwendig
erweist, in kleinen Gruppen betreut.
Die zehnklassige Polytechnische
Oberschule in der DDR ist eine Ein–
heitsschule. Welche Schulart können
die Kinder von Übersiedlern bei uns
besuchen?
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Grundsätzlich steht den Kindern aus
der DDR jede Schulart in Bayern of–
fen. Natürlich hängt es von der Lei–
stungsfähigkeit jedes einzelnen
Schülers ab, in welcher Schulart er
letztlich verbleiben kann. Die Schü–
ler aus der DDR können jeweils in
die Jahrgangsstufe einer bayeri–
schen Schule eintreten, die sie in der
DDR besuchen würden.
An welche schulische Behörde sollen
sich Übersiedler wenden, wenn sie
mit schulpflichtigen Kindern nach
Bayern kommen?
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Die Entscheidung für eine bestimmte
Schulart ist erfahrungsgemäß nicht
leicht; deshalb empfehle ich den Ei–
tern, sich zunächst an die Schulbera–
tung zu wenden. Es gibt an jeder
Schule einen Beratungslehrer. Wei–
tere Hilfen bieten die Schuljugend–
berater, die Schulpsychologen und
die staatlichen Schulberater. Wenn
die Entscheidung für eine bestimmte
Schulart gefallen ist, sollten die Ei–
tern mit den Lehrern ihrer Kinder en–
gen Kontakt halten, damit auftreten–
de Schwierigkeiten rasch gemein–
sam behoben werden können.
SCHULE
aktuell
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