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Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 16

Mein Kampf

als historische Quelle

Mein Kampf

als historische Quelle

„Mein Kampf

ist eine erstrangige Quelle zur Geschichte

Hitlers und des Nationalsozialismus“, stellt Andreas Wir-

sching im Vorwort der kritischen Edition fest.

19

In der Tat

ist der Text nicht nur für die Erforschung der NS-Diktatur

unverzichtbar, sondern eröffnet bei eingehender Betrach-

tung für die historisch-politische Bildung vielfältige Lern-

chancen. Hitlers

Mein Kampf

ist also zunächst und vor

allem eine historische Quelle. Quellen sind für Historiker

Überreste aus der Vergangenheit, die unter einer bestimm-

ten Fragestellung gezielt ausgewertet werden können und

dann Aufschluss über diese Vergangenheit geben. Dies ist

auch für die Schule relevant.

Quellenarbeit im Geschichtsunterricht

Der Geschichtsunterricht setzt seit den 1960er Jahren ver-

stärkt auf die Arbeit mit Quellen als konstitutives Merk-

mal historischen Lernens in der Schule. Es soll demnach

den Schülerinnen und Schülern nicht nur Stoff vermittelt

werden, sondern sie sollen lernen, anhand von Überresten

19 Andreas Wirsching: Vorwort, in: Hartmann u.a. (wie Anm. 2), Bd. 1, S. 6 f.,

hier S. 6.

selbst ein Bild der Vergangenheit zu rekonstruieren.

20

Dabei

entnehmen sie zum einen aus den Quellen Informationen

über vergangene Zeiten. Wissenserwerb und Erkenntnis-

gewinn sind in diesem Sinn das Ergebnis der Quelleninter-

pretation. Allerdings muss dieses Wissen kritisch reflektiert

werden, da die Quellenlage fragmentarisch ist und die ein-

zelnen Quellen oft nur eine einseitige Sichtweise präsen-

tieren. Gleichwohl können Jugendliche aus

Mein Kampf

wichtige Informationen etwa zu Hitlers Lebenslauf, zu

seinem Selbstbild oder zu seiner Weltanschauung entneh-

men und sich damit kritisch auseinandersetzen.

Dies setzt voraus, dass die Schülerinnen und Schüler

über die Technik der Quelleninterpretation verfügen, mit-

hin Texte verstehen, Aussageabsichten erschließen und his-

torische Zusammenhänge herstellen können. Auch hierfür

ist

Mein Kampf

grundsätzlich geeignet – von der Erschlie-

ßung einzelner Sätze, die in der NS-Zeit auch als Wochen-

losung unters Volk gebracht wurden, bis hin zur Analyse

ideengeschichtlicher Traditionen etwa des Antisemitismus.

20 Grundlegend: Hans-Jürgen Pandel: Quelleninterpretation. Die schriftliche

Quelle im Geschichtsunterricht, Schwalbach im Taunus 2000; knappe Ein-

führung: Ulrich Baumgärtner: Wegweiser Geschichtsdidaktik. Historisches

Lernen in der Schule, Paderborn 2015, S. 139–148.

Grafik: Ulrich Baumgärtner

Quellenarbeit im Geschichtsunterricht

Technik der Quelleninterpretation

(Parteilichkeit; Textgattung;

Lesefähigkeit usw.)

Ergebnis der Quelleninterpretation

Wissenserwerb – Erkenntnisgewinn

Quellenarbeit

im Geschichtsunterricht

Historisches Lernen

Reflexion der Quelleninterpretation

(Multiperspektivität, Partialität usw.)