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aviso 3 | 2017

AFRIKA IN BAYERN

COLLOQUIUM

Text:

Florian Knauß

DEN VON DEN

Römern seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. als

Africa bezeichneten Erdteil nannten die Griechen seit dem

5. Jahrhundert v. Chr. Libyen (Pindar, Pythische Ode 69).

Diesen Namen hatten sie offensichtlich von den Ägyptern

übernommen, die ihn auf die Berberstämme in ihrer westli-

chen Nachbarschaft bezogen. Seit dem 7. Jahrhundert v. Chr.

unterhielten Griechen eine Handelsstation im Nildelta, ver-

dingten sich als Söldner imDienste des Pharaos. Siedler von

der Insel Thera gründeten eine Kolonie in Kyrene im heuti-

gen Libyen. Kenntnisse von Land und Bewohnern des Kon-

tinents südlich der nordafrikanischen Küste verdankten sie

jedoch in erster Linie Phöniziern und Karthagern, die damals

zu Wasser und zu Land große Expeditionen unternahmen.

Schon Homer im 8. Jahrhundert v. Chr. erwähnte erstmals

das Land Libyen (Odyssee 4, 85; 14, 295) und kannte auch

das Land der Aithiopes, der »verbrannt Aussehenden« (Ili-

as 1, 423; 23, 205-206; Odyssee 1, 22-24), wie die Griechen

schwarze Afrikaner nannten. Die Lokalisierung dieses Vol-

kes war allerdings ungewiss – sie bewegte sich zwischen dem

östlichen Afrika und Südwestiran.

Auf dem griechischen Festland blieben Schwarze noch lange

Exoten. Erst im späten 6. Jahrhundert v. Chr. geben bild­

liche Darstellungen zu erkennen, dass sie etwa auch in Athen

bekannt waren. Wahrscheinlich gelangten sie überwiegend

als Sklaven aus Nubien über Ägypten nach Griechenland.

NUR WENIGE VÖLKER,

mit denen die Griechen in Berüh-

rung kamen, lassen sich auf den Vasenbildern identifizieren:

Thraker, Skythen und Perser werden von den attischen Vasen-

malern durch ihre jeweilige Kleidung, Ägypter und vor allem

schwarze Afrikaner durch ihre Physiognomie charakterisiert.

Der mythische Zweikampf vor Troja zwischen den Halbgöt-

ternMemnon, demKönig der Aithioper, und Achill wurde in

der Literatur, vor allem aber in der Bildkunst immer wieder

thematisiert. Während Memnon, Neffe des Trojanerkönigs

Priamos, wie sein griechischer Kontrahent konsequent hell-

häutig dargestellt wurde, weisen die Aithioper in den Bildern

oft afrikanische Physiognomie auf. In der schwarzfigurigen

Maltechnik ließ sich die Hautfarbe nicht als Unterschei-

dungsmerkmal verwenden, da helle Haut allein Frauen vor-

behalten war.

BESONDERS HÄUFIG FINDEN

sich Darstellungen von

Schwarzen auf Luxusartikeln, auf Gefäßen für das Symposion

(Abb. 2-3), das vornehme Trinkgelage, das wenigstens in der

Frühzeit allein der aristokratischen Oberschicht vorbehalten

war, oder auf Salbölfläschchen (Abb. 1), deren mit kostbaren

Duftstoffen versetzter Inhalt sowohl von Männern als auch

Darstellung von schwarzen Afrikanern in der Kunst des antiken Griechenland

Faszination des Fremden

von Frauen geschätzt wurde. Extravagante Motive eigneten

sich besonders als Bildschmuck für Gebrauchsgegenstände,

durch die sich der Besitzer vor seinen Standesgenossen aus-

zeichnen wollte.

EIN PARFUMFLACON AUS

Athen, ein so genanntes Alabas-

tron (Abb. 1), zeigt ohne jede Abschätzigkeit einen schwar-

zen Afrikaner in einer auffällig ungriechischen Tracht. Ein

anderer Töpfer aus dem Kerameikos von Athen schuf einige

Jahre später ein Gefäß von ungewöhnlicher Form (Abb. 2).

Zwei menschliche Gesichter bilden den Gefäßkörper. Dar-

über schließt sich eine Röhre an, die oben in einer kleinen

Öffnung endet. Die glatte Unterseite ist siebartig durch­

löchert. Es handelt sich um ein Behältnis, mit demmanWein

transportieren und in ein Trinkgefäß entleeren konnte. Um

einen solchen Weinheber zu befüllen, tauchte man ihn in

den Weinmischkessel. Durch die Löcher im Boden füllte er

sich. Dann verschloss man mit dem Daumen die obere Öff-

nung. Hob man denWeinheber aus demKessel, verhinderte

der Unterdruck der im oberen Teil des Gefäßes verbliebenen

Luft, dass der Wein herausfloss. Erst wenn der Daumen an-

gehoben wurde, konnte der Inhalt entweichen. Der Mund-

schenk präsentierte dem Zecher wechselweise das Gesicht

einer schönen Frau oder eines schwarzen Afrikaners. Wäh-

rend der Gast diese noch fasziniert betrachtete, ergoss sich

schon der Wein in sein Trinkgefäß.

UmGeschirr für das Symposion handelt es sich auch bei einer

weiteren figürlichen Vase (Abb. 3): Ein Krokodil greift einen

Schwarzen an. Die Panzerechse hat ihre Zähne in seinen

rechten Arm geschlagen und hält ihn mit den Vorderfüßen

fest. Das Opfer schreit vor Schmerz. Seine weit geöffneten

Augen und der hilflos ausgestreckte linke Arm machen die

oben

Abb. 1: Schwarzer Afrikaner »orientalischer« Tracht, Detail von

einem attisch-weißgrundigen Alabastron, um 510 v. Chr.