Am Lagerfeuer entstanden viele Freundschaften.
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trennen sich die Wege. Die
Elektriker gehen zum Beispiel
mit ihrem Meister auf Montage,
verlegen im Nachbarort Strom–
kabel.
Drucker, Setzer und Buch–
binder arbeiten in der Lehr–
werkstatt an Zeitschriften und
Broschüren , Rechnungsblocks,
Formularsätzen und Visitenkar–
ten. Aber auch Bücher werden
hier gesetzt, gedruckt und ge–
bunden .
Groß ist die Palette der beruf–
lichen Ausb ildung, die Birken–
eck . seinen Lehrlingen in den
Werkstätten . anbietet. Früher
waren es nur Berufe wie Schu–
ster und Schneider, Schreiner
und Schmied, Bäcker und Gärt–
ner. Später kamen die Ausbil–
dungsgänge zum Maurer und
Maler, zum Installateur und
Elektriker hinzu. Favorit in der
langen Reihe der Berufsfelder
sind heute Bauwesen und
Drucktechnik. Hier werden ge–
genwärtig insgesamt 70 Lehr-.
Iinge ausgebildet.
Um 12 Uhr trifft sich jung
und alt wieder am Mittagstisch.
Nach einer Stunde Pause geht
es fleißig weiter mit Berufs–
schulunterricht oder Pra.xis.
Um halb sechs ist Feierabend .
Nach dem Abendessen kom-
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men Freizeit und ' Entspannung
mit Sport, Kickern, Kartenspiel,
Fernsehen und Radiohören zu
ihrem Recht.
Wer es leise haben möchte,
der zieht sich auf sein Zimmer
zurück und findet dort Zeit zum
Lesen oder Lernen . Auch Feste
und Feiern lassen keine Lange–
weile aufkommen . Ausflüge
und besondere Veranstaltungen
lockern den Heimalltag auf.
Um 22 Uhr ist Zapfenstreich in
den Gruppenräumen und Ein–
zelzimmern.
Damit Ordnung und Orien–
tierung ins Leben der Lehrlinge
kommen, spielt ein abwechs–
lungsreiches
Gruppenleben
eine wichtige Rolle. Kleine
Helferdienste, überschaubare
Aufgaben und Pflichten in den
Gruppenhäusern sind beson–
ders wertvoll. So versorgt sich
jede Gruppe mit Essen aus der
Großküche, lernt selbständig
zu handeln und Verantwortung
zu übernehmen. Dabei bauen
die jungen Leute wichtige mit–
mensch Iiehe Verhaltensregeln
wie Rücksicht und Solidarität
auf.
Natürlich klappt das Pro–
gramm und der streng geregelte
Tagesablauf nicht immer wie
am Schnürchen. Haut ein Bur–
sche über die Stränge, müssen
Aktive
Freizeit
l
ehortin
irkeneck
zum
piidagogi–
schen
Progr~~mm
·
die Erzieher reagieren, manch–
mal auch mit Strafen : Verle–
gung in eine andere Gruppe,
Ausschluß von Veranstaltungen
oder Streichung des Wochen–
endurlaubs.
Auch Konto- und Taschen–
geldsperre gibt es. Das tut
schon manchmal weh; denn
vom ersten bis zum dritten
Lehrjahr gibt es für die Schüler
in Birkeneck nicht mehr als et–
wa 70 bis 120 Mark im Monat
eigenes Einkommen.
Und wie steht es mit der Be–
rufsschule?
Dazu
Direktor
Gleixner: "Wir unterrichten un–
sere Lehrlinge nach dem Lehr–
plan der bayerischen Berufs–
schulen und den Richtlinien
der Kammern. Was die Werk–
stätten produzieren, findet im
Jugendwerk selbst wieder Ver–
wendung. Lernschwierigkeiten
arbeiten wir in eigenen Stütz–
und Förderkursen auf. Dafür
haben wir besondere Fachräu–
me direkt neben den Werk–
stätten ."
Außer der gediegenen beruf–
lichen Ausbildung in Werkstät–
ten und Schule kommt der Er–
ziehungsarbeit im Heim große
Bedeutung zu . Direktor Pater
Strobl, der das Heim der Herz–
Jesu-Missionare in Birkeneck
leitet: "Nach all dem -Schlim-
men, das diese jungen Men–
schen schon erlebt haben, sind
sie oft sehr dankbar für eine
richtungweisende Bindung, die
ihrem Leben wieder Sinn gibt.
Die Botsthaft Gottes läßt sie
optimistisch in die Zukunft
schauen . Wir feiern gemeinsam
die Messe, sprechen zu den
Mahlzeiten Tischgebete. Bei
uns gibt es selbstverständlich
auch Religionsunterricht, Bi–
bellesungen, die aktive Teil–
nahme am kirchlichen Leben."
18 Erzieher, Sozialpädago–
gen und Heimpsychologen,
darunter auch Frauen, unter–
stützen die Patres bei der Erzie–
hungsarbeit Für die beruflicn<>
Ausbildung in den Werkstätt
)
stehen 18 Meister bereit, in der–
Serufsschule unterrichten fünf
Lehrer. Insgesamt betreuen also
40 Fachleute die 135 Burschen
in Birkeneck.
Billig kann das alles nicht
sein . Der Ausbildungsplatz für
einen einzigen Lehrling kostet
pro Jahr 30 000 Mark. Bis zur
Gesellenprüfung
sind
das
90000 Mark. Diese Kosten tra–
gen zum Großteil die Kreis–
und Stadtjugendämter, die die
jungen Leute nach Birkeneck
schicken . Aber auch die Herz–
Jesu-Missionare sind an der
Finanzierung beteiligt. Dazu
kommen Einnahmen aus den
Außenaufträgen der Werk–
stätten .
Sind Geld, Geduld und Zeit
in Birkeneck richtig investiert,
lohnt sich der Aufwand? Dara·J
gibt die Erfolgsbilanz des
J
f
gendwerks eine klare Antwort:
Kaum einer der jungen Leute
wird während seiner Zeit in Bir–
keneck noch einmal straffällig.
Die volle Rückgliederung der
Außenseiter in die Gesellschaft
gelingt in über 75 Prozent aller
Fälle.
Weit mehr als 10000 Bur–
schen haben seit 1925 in Bir–
keneck einen qualifizierten Be–
rufsabschluß erworben . Acht
von zehn Lehrlingen schaffen
die Gesellenprüfung mit gutem
Erfolg. Nicht wenige der
Schützlinge von Pater Strobl
und Gottfried Gleixner belegen
auf Landkreis- oder Bezirksebe–
ne immer wieder Spitzenplätze
bei den Abschlußprüfungen .
Auch der eingangs erwähnte
Fall Richard ist kein erfundenes
Beispiel .
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