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Das Herzstück im Jugendwerk Birkeneck ist ein altes Barockschloß. Hier das Modell.

Ein

Sthloß

·

für

Lebdinge

Wo die elterliche Erziehung

überfordert ist, kümmern sich

andere Stellen um gefährdete junge

Menschen. Die Heimerziehung in

Schloß Birkeneck gibt dafür ein

Musterbeispiel. Schon seit 60 Jahren.

B

irkeneck liegt vor den To–

ren Münchens, mitten im

Erdinger Moos. Gerne

denkt Richard, 22, ein "gestan–

denes Mannsbild", wie man so

sagt, an seine Lehrjahre zurück,

die er hier verbracht hat.

Mit seinem Gesellenstück

wurde er sogar Bundessieger

der Buchdrucker. Seit vier Jah–

ren ist er Mitarbeiter einer gro–

ßtm Druckerei. Im Urlaub zieht

es ihn aus dem schwäbischen

Heilbronn, wo er jetzt wohnt,

häufig zurück ins Erdinger

Moos, nach Birkeneck. Dann

besucht er seine ehemaligen

Lehrer und Lehrmeister; denn

mit ihnen verbindet er viele gu–

te Erinnerungen, fast eine Art

Freundschaft.

"Ohne sie wäre ich damals

vor die Hunde gegangen . Bir–

keneck aber war für mich die

Wende, der Weg in eine neue

Zukunft", gesteht Richard heu–

te. Was war mit ihm vor der

Zeit in Birkeneck passiert?

Ohne Vater aufgewachsen,

hatte er in der Volksschule stän-

dig Krach und Kalamitäten mit

Lehrern und Klassenkamera–

den. Statt in den Unterricht zu

gehen, hockte er schon mit 12

Jahren bei den älteren Kumpeln

in der Kneipe. Dann trieb er

sich .tagelang auf Bahnhöfen

h~rum,

schlief in abgestellten

Eisenbahnwaggons und auf

Parkbänken . Bald machte er

Bekanntschaft mit Alkohol und

Drogen.

Als dann die ersten krummen

Dinge gedreht wurden, das Ab–

rutschen in die Kriminalität

drohte, wurde Richard "akten–

kundig". Gefängnis, der Ab–

stieg in die Asozialität schienen

unvermeidlich . Weil seine al–

leinerziehende Mutter mit den

Problemen längst nicht mehr

fertig wurde, wandte sie sich an

das Jugendamt. Es schlug die

Heimerziehung in Schloß Bir–

keneck vor.

Patres und Pädagogen, Be–

rufsschullehrer und Hand–

werksmeister kümmern sich

hier gemeinsam um gefährdete .

junge Leute. Birkeneck ist eine

Stätte der Eingliederung. Oft ist

es die letzte Zuflucht für junge

Leute, die den Sprung in ein or–

dentliches Privat- und Arbeits–

leben nicht schaffen .

Gefährdete Jugend vom Rand

der Gesellschaft zu vollwerti–

gen Mitgliedern unserer Gesell–

schaft zu machen - wie geht

das eigentlich? Mehr als ein

halbes Jahrhundert lang gibt

Birkeneck dafür ein Beispiel.

Am 1. Mai 1925 wurde das

Bildungswerk mit 30 jugendli–

chen eröffnet. Seither fanden

weit über 10 000 hier neuen

Halt und eine zweite Heimat.

Dabei war der Start in den

schwierigen Jahren der Weima–

rer Republik alles andere als

leicht.

Was die Herz-jesu-Missiona–

re beim Einzug in den 20er Jah–

ren vorfanden, war kein Herr–

schaftssitz, sondern ein herun–

tergekommener Bauernhof. Im

vormals fürstlichen jagdschloß

gaben sich Ratten und Mäuse

ein Stelldichein . Ringsum la–

gen nur feuchte Wiesen, ver–

nachlässigte Felder, kaum be–

fahrbare Wege. Die Ernteerträ–

ge waren entsprechend misera–

bel, die Armut groß. Aber noch

größer war die Liebe zur Ju–

gend.

Die Pioniere dieser frühen

Heimpädagogik krempelten die

Ärmel hoch, griffen zu Schaufel

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