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3 Ich, Du, Wir – das Zusammenleben in der

Schulgemeinschaft mitgestalten

Im ersten Kapitel haben wir euch ausführlich über Ämter, Gremien und viele praktische Dinge der SMV-

Arbeit informiert. Nun wollen wir einmal einen Schritt zurückgehen und einige grundsätzliche Fragen

zur SMV stellen und beantworten.

Diese grundsätzlichen Fragen berühren am Ende nämlich ganz konkrete Bereiche der Schule, z. B.

wenn es darum geht, ob ihr mitbestimmen dürft, was in Chemie durchgenommen wird, oder ob ihr aus

Protest gegen eine bildungspolitische Maßnahme während der Unterrichtszeit demonstrieren dürft.

Davor wollen wir uns nicht drücken und auch denen, die an diesen Fragen interessiert sind, eine Hilfe

geben. Dazu dient dieses dritte Kapitel.

Ihr könnt nun

einzelne Abschnitte anlesen, auswählen, was euch interessiert und dies dann gezielt lesen,

dieses Kapitel zunächst einfach überspringen und vielleicht ein anderes Mal lesen oder

euch mit diesem Handbuch in eine gemütliche Ecke verziehen, die Beine hochlegen und im

dritten Kapitel schmökern.

3.1 Wozu benötigen wir eigentlich eine SMV?

„Früher gab es das auch nicht, und das hat uns nicht geschadet!“

Derartige, eher undifferenzierte Einwände gegen Schülermitverantwortung hört man heute nur noch

selten. Schüler sollen und dürfen das Leben in Schulen mitgestalten:

Sollen

– weil Lehrer und Schul-

leitungen mit SMV auch ein erzieherisches Anliegen verbinden,

dürfen

– weil Mitverantwortung nach

einhelliger Meinung aller Beteiligten ein selbstverständliches Recht ist.

Welchen Sinn haben nun die zahlreichen Formen von SMV an unseren Schulen und inwiefern helfen

diese euch Schülern und vielleicht sogar den Lehrern beim gemeinsamen Gestalten des Lern- und

Lebensraumes „Schule“?

3.1.1 Schule als Lebens- und Erfahrungsraum

In der modernen Gesellschaft mit ihren technischen Möglichkeiten sind unser Tagesablauf und unsere

Freizeit häufig bis in die letzte Minute hinein durchorganisiert. Unsere Lebenswelten werden über-

schwemmt von zahllosen Konsumangeboten. Und manche von uns beginnen zwischen all den tollen

Möglichkeiten die wirklichen Freiräume für eigene Handlungs- und Betätigungsmöglichkeiten, für

selbstbestimmte Bindung an eine Gemeinschaft zu vermissen.

In dieser Situation sollten junge Menschen Unterstützung finden, doch werden viele Schulen nach Mei-

nung des Schulreformers Hartmut von Hentig dieser Aufgabe noch nicht gerecht:

„Die Schule von heute ist weit davon entfernt, Lebens- und Erfahrungsraum für lernende und sich

bewährende Kinder zu sein. Sie entlässt die jungen Menschen manchmal kenntnisreich, aber in

jedem Fall erfahrungsarm, erwartungsvoll, aber orientierungslos, ungebunden, aber auch unselbst-

ständig und einen erschreckend hohen Anteil unter ihnen ohne jegliche Beziehung zum Gemein-

wesen.“

1

Die Situation ist jedoch keine Folge des Schulsystems, auch sind nicht an allem „die Lehrer“ schuld,

denn nicht selten bringen eure Lehrer Vorschläge für besondere Aktivitäten gar nicht erst ein, da sie

erfahren haben, dass sie damit nicht oder nur selten auf euer Interesse stoßen. Erinnerst du dich an die

1 Klappentext in: von Hentig: Die Schule neu denken. Eine Übung in praktischer Vernunft. Beltz. Weinheim. 1993