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Rezeption der Weißen Rose in der Sowjetischen Besatzungszone und frühen DDR
Einsichten und Perspektiven 3 | 16
Licht am Ende des Tunnels?
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„Die politische Situation in der DDR Mitte der 50er Jahre
hatte das Entstehen solcher illegalen Widerstandsgruppen
provoziert. Diese Situation war charakterisiert durch das
Andauern der stalinistischen Repression auch nach dem
Tode Stalins am 05.03.1953 und dem Volksaufstand vom
17. Juni 1953, durch das Fehlen jeglicher Freiräume für
eine legale Opposition, mit Ausnahme einiger Monate
des Jahres 1956, einer schweren ideologischen und politi-
schen Krise der SED, der Sowjetunion und des gesamten
Ostblocks nach dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar
1956 und nicht zuletzt scheinbarer Chancen für eine Been-
digung der Teilung Deutschlands in der Zeit der alliierten
Deutschlandkonferenzen 1954/55. Viele in der DDR –
und nicht nur dort – glaubten unter diesen Umständen,
das Licht am Ende des Tunnels zu erkennen. Wer konnte
in jener Zeit angesichts der Ereignisse in Polen und Ungarn
1956 und ihrer Ausstrahlung auf weitere kommunistische
Staaten erkennen, daß das ein Irrlicht war?“
Eisenberger Kreis
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Der sogenannte „Eisenberger Kreises“, oder teilweise auch
„Stauffenberg-Gruppe“ genannt,
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verband Menschen un-
terschiedlicher Weltanschauung, die bereit waren, gegen die
DDR-Diktatur Widerstand zu leisten und sich für ein Le-
ben in Freiheit einzusetzen. Zu Beginn der 1950er Jahre
hatten sich in und um Eisenberg „nicht nur Studenten und
andere Hochschulangehörige, sondern auch Handwer-
ker, Arbeiter, Lehrlinge und Schüler“ zusammengeschlos-
sen, „um das Funktionieren des stalinistischen Systems an
Ort und Stelle (Schule, Wohnort, Universität) nach Kräf-
ten zu behindern und die Bürger, soweit man sie erreichen
konnte, in ihrer […] vorausgesetzten Ablehnung dieses Sys-
tems zu bestärken“. Es gab dabei nur einfache Grundziele
und kein genaueres politisches Programm, das erst später
zur Vorbereitung der Anklage vom Ministerium für Staats-
sicherheit (MfS) (re-)konstruiert wurde. Dementsprechend
folgte die Widerstandsgruppe auch keiner einheitlichen
34 Thomas Ammer: Der Eisenberger Kreis. Opposition und Widerstand in Ost-
Thüringen in den 50er Jahren, in: Ernst Schmutzer (Hg.): Vergangenheits-
klärung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Leipzig 1994, S. 89.
35 Die Geschichte des „Eisenberger Kreises“ wurde ausführlich erarbeitet von
Patrik von zur Mühlen: Der „Eisenberger Kreis“. Jugendwiderstand und
Verfolgung in der DDR 1953–1958, Bonn 1995. Siehe auch die Internet-
seite
http://www.jugendopposition.de/index.php?id=2859mit Materiali-
en zum „Eisenberger Kreis“.
36 Der Name „Eisenberger Kreis“ ist später nach seiner Aufdeckung von westli-
chen Medien geprägt worden. Der Vorschlag von Johann Frömel, die Gruppe
„Stauffenberg Gruppe“ zu nennen, wurde nicht allgemein akzeptiert.
politischen Ausrichtung: „Genaugenommen existierte nur
eine Art ‚Einheitsfront‘ aus Mitgliedern und Anhängern der
Gruppe, die zur Sozialdemokratie, zu christlich-demokrati-
schen Vorstellungen oder zu nationalen Positionen tendier-
ten.“
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Zudem zeigte der „Eisenberger Kreis“ keine feste
oder gar hierarchische Organisationsstruktur.
Kein Programm, aber Zielsetzungen
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„Die einzelnen Punkte unserer politischen Forderungen
waren Ausdruck dieser Zielsetzung. Dies betrifft die For-
derung noch Schaffung eines Mehrparteiensystems, nach
Zulassung freier Gewerkschaften, Wiederherstellung des
Streikrechts und nach freien und geheimen Wahlen. In
engem Zusammenhang damit stehen die Forderungen
nach Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit und
Freilassung aller politischen Gefangenen. Dies waren die
eigentlichen Kernpunkte unseres politischen Programms,
an die sich eine Reihe ‚taktischer‘ Forderungen, wie bei-
spielsweise Auflösung der unrentablen LPGs, Rückgabe
von kleineren und mittleren Betrieben an die ehemaligen
Besitzer, Autonomie der Hochschulen, Schaffung einer
unabhängigen Hochschulorganisation, Abschaffung des
obligatorischen Russischunterrichts usw. anschlossen.“
Die Gruppe umfasste etwa dreißig Personen, wobei viele
Mitglieder nur lose mit ihr verbunden waren und selbst
keinen Überblick über alle Aktionen und Mitverschwore-
nen hatten. Nur ein kleiner Kern um u.a. Thomas Ammer,
Johann Frömel und später Peter Herrmann überschauten
die Gruppe und Aktivitäten im Ganzen. Durch einzelne
personelle Verbindungen beteiligten sich so auch Mitglie-
der an den Protesten gegen das obligatorische gesellschafts-
wissenschaftliche und Russisch-Studium an der Friedrich-
Schiller-Universität in Jena, die mit einer Kabarettsatire
beim Physikerball 1956 ihren Höhepunkt fanden.
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Spä-
ter sollten diese Kontakte dem MfS willkommene Gele-
genheit sein, andere Mitwirkende am Physikerball „wider
besseres Wissen mit dem ‚Eisenberger Kreis‘ in Verbin-
dung und damit hinter Gitter zu bringen“.
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Unmittelbarer Anlass für die Bildung einerWiderstands-
gruppe war eine Kampagne gegen die christliche Junge
37 Ammer (wie Anm. 34), S. 90.
38 Johann Frömel: Bemerkungen zu den politischen Zielsetzungen des
„Eisenberger Kreises“, in: Patrik von zur Mühlen: Der Eisenberger Kreis,
Jugendwiderstand und Verfolgung in der DDR 1953–1958, Bonn 1995,
S. 233–237, hier S. 235.
39 Siehe hierzu ausführlich von zur Mühlen (wie Anm. 35), S. 92–108.
40 Ammer (wie Anm. 34), S. 92.