STMUK_Handreichung_Organspende_2021_Web_BF

34 6 Transplantierbare Gewebe und Organe 6.1 Niere Gute Therapie ist möglich Jährlich trifft es etwa 20.000 Menschen in Deutschland: Ein terminales Nierenversagen, also der Funktions verlust beider Nieren, der unbehandelt innerhalb weniger Tage zum Tod führen würde. Doch kann jedem Betroffenen dank moderner Dialyseverfahren, die einen großen Teil der Nierenfunktion ersetzen können, sofort geholfen werden. Allerdings ist die Dialyse, „die künstliche Niere“, als „Nierenersatztherapie“ mit dramatischen Einschränkungen der Lebensführung verbunden. Zudem kann die Dialyse alleine nur einen Teil der natürlichen Funktionen der Niere ersetzen. - Die Alternative und in jeder Hinsicht bessere Nierenersatztherapie ist die Nierentransplantation. Sie ist heute die am häufigsten durchgeführte Organverpflanzung. In Deutschland sind seit der ersten Nierentransplanta tion im Jahr 1963 über 80.000 Nieren übertragen worden. Sie ermöglichen Patienten mit terminalem Nieren versagen ein nahezu normales Leben ohne Einschränkungen. Die Erfolgsaussichten haben sich in den letzten Jahren immer weiter verbessert, so dass eine transplantierte Niere im Durchschnitt 15 Jahre ihren Dienst tut. Im Vergleich zur Dialyse haben Menschen nach einer Nierentransplantation eine unvergleichlich bessere Lebensqualität und leben länger. - ­ Aufbau und Funktion der Niere Der Mensch besitzt normalerweise zwei Nieren. Die bohnenförmigen Organe, die rechts und links der Len denwirbelsäule sitzen, sind einerseits für die Ausscheidung von schädlichen Substanzen und Abfallprodukten verantwortlich. Andererseits steuern sie den Salz- und Wasserhaushalt, das Säure- /Basegleichgewicht sowie den Blutdruck. Darüber hinaus regeln sie die Bildung roter Blutkörperchen (Bildung des Hormons Erythro poetin, das im Knochenmark die Bildung von roten Blutkörperchen anregt) und den Knochenstoffwechsel (Bildung von Vitamin D3, das den Kalziumstoffwechsel regelt). - ­ Nierenerkrankungen Mit tief greifenden Störungen ist zu rechnen, wenn die Nieren versagen oder ihre Funktion nur teilweise erfüllen können. Allerdings sind die Funktionsreserven der Nieren sehr groß. So kann nach dem Verlust einer Niere die andere deren Aufgaben mit übernehmen. Erst der Ausfall von mehr als zwei Dritteln des gesamten Nierengewebes führt zu relevanten Einschränkungen. Die Zahl nierenkranker Patienten nimmt weltweit zu. Einer der wesentlichen Gründe dafür ist die Zucker krankheit (Diabetes mellitus, vgl. Kapitel 6.2). Mehr als ein Drittel der neuen Dialysepatienten sind Diabetiker. 30–50% der Diabetiker entwickeln nach 10–25 Jahren bestehender Zuckerkrankheit eine Erkrankung der Nieren, die in vielen Fällen eine Nierenersatztherapie erforderlich macht. Zweithäufigste Ursache für ein Nierenversagen ist Bluthochdruck, an dritter Stelle steht die Glomerulonephritis (Entzündung der Nieren körperchen), die unterschiedliche, oft nicht bekannte Auslöser haben kann. - ­ Wenn etwa 90% der Nierenkörperchen beider Nieren des Menschen funktionsunfähig geworden sind, ist der Tod durch eine Harnvergiftung (Urämie) nur noch durch die Dialysebehandlung oder eine sofortige Nierentransplantation abzuwenden.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODExNDM=